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Das Inseli ist seit einem Jahrhundert im Besitz der Stadt Luzern. Es hat über die Jahre sein Gesicht grundlegend verändert und steht vor einer weiteren Neugestaltung. Anlass genug, einen Blick zurückzuwerfen auf seine Entwicklung und bisherige Nutzung.

Vor dem sumpfigen Riedland bei der Fröschenburg (heute Bahnhofplatz) befand sich seit eh und je eine kleine, längliche Insel. Je nach Wasserstand schaute sie mehr oder weniger aus den Wellen hervor. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert stand auf diesem Inseli ein zweigeschossiges, kleineres Gebäude. Es dürfte sich dabei um einen vergleichsweise bescheidenen Landsitz für die Sommermonate gehandelt haben. Rund um die ursprüngliche Kernstadt gab es mehrere solcher Herrensitze, teilweise von beträchtlicher Grösse, jedoch keinen anderen auf dem Wasser. Die Liegenschaft wechselte mehrmals die Hand zwischen verschiedenen Patrizierfamilien. Laut Baubericht von 1819 wurde das Gebäude komplett im Biedermeierstil umgestaltet. Die beschränkten baulichen Möglichkeiten auf schwierigem Baugrund scheinen mit der aufwendigen Umgestaltung der ganzen Insel kompensiert worden zu sein. Nicht nur erhielt das feuchte Eiland eine künstliche geometrische Gestalt mit befestigter Uferlinie, die gesamte Fläche wurde zu einem französischen Park umgestaltet mit einer langen Allee auf schmaler Landzunge und einem Baumbestand aus Rosskastanien, Silberpappeln und Platanen. Der konservative Politiker und Historiker Philipp Anton von Segesser wählte die Insel 1867 als seinen ständigen Wohnsitz und liess sie 1876/77 durch zusätzliche Aufschüttungen vergrössern. 1893 wurde das Inseli dafür an seinem südlichen Ende stark beschnitten: Dieser Bereich wurde mitsamt den darauf stehenden Ökonomiebauten zugunsten der Centralbahngesellschaft für den Umladeverkehr zwischen Bahn und Schiff enteignet und abgegraben.

1911 versuchten von Segessers Erben die Liegenschaft als Spekulationsobjekt zu verhökern. Die drohende Überbauung des Inseli konnte durch den Erwerb durch die Stadt abgewendet werden: Die Stimmberechtigten hiessen den Ankauf am 23. November 1924 gut. Der Park wurde nun öffentlich zugänglich. 1926 wurden das Landhaus und ein Sommerwirtschafts-Häuschen abgerissen. Wenige Jahre danach wurden Pläne zur Auffüllung des Inseli-Kanals für die Schaffung eines Parkplatzes an der Urne verworfen. Gut 20 Jahre später, 1955, wurde der Carparkplatz doch noch realisiert. Die 1950er-Jahre brachten weitere Veränderungen: die Verlegung der Volière aus dem «Vögeligärtli» aufs Inseli (1954), eine Neugestaltung des Parks (1955/56) mit WC-Anlage (1957) und die Platzierung von Hugo Siegwarts Schwinger-Skulptur (1958).

Mit dem Bau des ersten Luzerner Bahnhofs 1859 wurden die Schiessbuden und Karusselle der Frühlings- und Herbstmesse (Määs) vom Kasernenplatz auf den Bahnhofplatz verschoben, während die Warenmesse zuerst auf dem zugeschütteten Hirschengraben und danach auf der Hirzenmatte ihren Platz bekam. Als die Schaubudenmääs 1934 aufs Inseli transferiert wurde, sorgte diese «Verschandelung» zunächst für Empörung. 1955 wechselte sie auf den neuen Carparkplatz und fand ab 1957 nur noch im Herbst statt. Die Warenmääs zog 1942 auf den Bahnhofplatz nach und von da 1967 weiter aufs Inseli. Seither stehen die beiden Teile der Määs in unmittelbarer Nachbarschaft. Im Rahmen der Attraktivierung der Plätze in der Stadt Luzern zogen ab 2008 verschiedene Buvette-Angebote und Märkte auf das Inseli

Seit einiger Zeit bahnen sich die nächsten grösseren Veränderungen auf dem Inseli an. Unzufrieden mit der Nutzung eines zentrumsnahen Freiraumes als Abstellplatz für Reisebusse wurde 2015 die Initiative «Lebendiges Inseli statt Blechlawine» eingereicht und von der Stimmbevölkerung 2017 angenommen. Sie verlangte eine Aufhebung des Carparkplatzes zugunsten einer ökologischen Aufwertung mit Erweiterung der Grünfläche. Als sich im Nachgang zur Abstimmung zeigte, dass sich das Vorhaben mit der Määs in der bisherigen Form kaum umsetzen lässt, folgte die nächste Initiative: «Die Määs muss auf dem Inseli bleiben!» Mit der Annahme auch dieser Initiative im Jahr 2023 ist nun die Stadt gefordert, die beiden Anliegen unter einen Hut zu bringen: Bei der Neugestaltung des Inseli die Aufenthaltsqualität zu erhöhen und weiterhin Platz freizuhalten für die zweiwöchige Herbstmesse. Die Ausschreibung für den Studienauftrag zur Neugestaltung läuft bis Ende Mai 2024. Nach der Auswahl der Studienteilnehmenden für die nächsten Runden findet im Frühling 2025 der finale Auswahlprozess statt, in der eine Studie zur Umsetzung empfohlen werden wird. Mit einer anschliessenden Ausstellung der Entwürfe soll der ganze Prozessverlauf für die Öffentlichkeit transparent zugänglich gemacht werden.

Philipp Anton von Segessers Enkelin Agnes schrieb noch 1949:

«Unter den alten Bäumen des Inseli dehnt sich heute eine Steinwüste, in welcher zweimal des Jahres die Budenstadt aufgestellt wird. Die Buchssträucher wuchern ungepflegt und kein Blümlein darf die dort Ruhe und Entspannung suchenden Bürger erfreuen. Eine spätere Zeit wird dieses Rätsel vielleicht zu lösen vermögen und diesen idyllischen Platz aus seiner Verwahrlosung befreien.»

Man darf gespannt sein auf die Umsetzung der beiden Initiativ-Aufträge.

Die Insel als geometrische Form im umgebenden Schilfgürtel, später mit Ummauerung. Der erste schriftliche Beleg für das Landhaus datiert von 1784. Laut Zeitzeugen war es unterkellert. Die baulichen Eingriffe auf der Insel beschränkten sich bis dahin auf ein kleines, spätestens im 18. Jahrhundert erstelltes Landhaus. Es dürfte ursprünglich als Sommersitz gedient haben. Nach 1867 Wohnsitz der Familie von Segesser, 1924 durch die Stadt erworben und 1926 abgebrochen. Ab 1915 war in einem separaten Châlet «Inseligarten» in den Sommermonaten gewirtet worden. Der südliche Teil des Inseli wurde 1893 abgetrennt (etwa in der Mitte zwischen Schopf und Haupthaus) und abgetragen. Im Hintergrund ist die Laterne des Brünigbahnhofes erkennbar. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert war das Inseli als Garten gestaltet. Ein Teil des Baumbestands hat inzwischen ein beachtliches Alter. Viele der alten Alleebäume auf dem nördlichen Teil des Inseli stehen heute noch. Was um 1900 noch privat und exklusiv war, ist seit der Übernahme durch die Stadt 1924 für alle öffentlich zugänglich. Das Inseli war schon früh mit einer Ufermauer befestigt und über eine Brücke zugänglich. In den 1930er-Jahren wurde der Kanal zusätzlich ausgebaggert. Bei der Weltausstellung für Photographie 1952 stand ein grosses Aquarium auf dem Inseli. Nach seiner Aufhebung wurde 1954 die Voliere aus dem «Vögeligärtli» aufs Inseli verlegt, 2007 wurde auch sie entfernt. Inselikanal mit Bootshaus von Möri & Krebs von 1927 im Hintergrund. Nach der Auffüllung des Kanals wurde der gewonnene Platz bis in die jüngste Zeit als Carparkplatz genutzt. Aufgereihte Cars sind in Luzern keine neue Erscheinung: Bereits kurz nach seiner Erstellung war der Schotter-Parkplatz offenbar sehr gut belegt – immerhin mit heute stilvoll wirkenden Wagen. Im Vordergrund die «Schwingergruppe» von Hugo Siegwart. Sie war 1909 auf dem Kurplatz aufgestellt und 1958 aufs Inseli verschoben worden. Sommers wie winters: «Dampfschiff-Parkplatz» zwischen Inseli und Werft. Von der Sommerwirtschaft Anfang des 20. Jahrhunderts über diese Milchbar bis zu den jüngsten Sommerbars: Zu einem lauschigen Ort wie dem Inseli gehört ein gastronomisches Angebot. Eine Sitzgelegenheit am kühlen Wasser ist im Sommer nicht zu verachten, dachten sich Einheimische und Fremde schon früher. Blick auf das gegenüberliegende Ufer im Sommer 1973. 1934 wurden erstmals die Schiessbuden und Karusselle der Määs auf dem Inseli aufgestellt, seit 1955 stehen sie auf dem ehemaligen Carparkplatz. Die Warenmäss findet seit 1967 auf dem Inseli statt. Auf dem Inseli gab’s noch eine Volière und auf dem ehemaligen Bootskanal einen Carparkplatz. Das neue Postbetriebsgebäude dahinter steht schon, das KKL und der neue Bahnhof hingegen noch nicht.