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27. Februar 2024
Der Stadtrat empfiehlt dem Stadtparlament, die Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!» abzulehnen. Die im März 2023 eingereichte Initiative verlangt einen Mindestlohn von Fr. 22.– brutto für alle Arbeitnehmenden, die auf dem Gebiet der Stadt Luzern eine Beschäftigung ausüben. Der Stadtrat anerkennt das sozialpolitische Ziel der Initiatinnen und Initianten. Nach eingehender Prüfung des Anliegens kommt er dennoch zum Schluss, dass ein städtischer Mindestlohn nicht zielführend sei. Er befürchtet negative Auswirkungen für den Wirtschaftsstandort Luzern und bezweifelt die positive Wirkung eines Mindestlohnes, da verhältnismässig wenige Personen davon profitieren könnten.

Am 28. März 2023 wurde der Stadt Luzern die Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!» in Form eines ausgearbeiteten Reglements-Entwurfs eingereicht.

In der Schweiz sind Mindestlöhne bekannt im Zusammenhang mit Gesamtarbeitsverträgen (GAV) oder als kantonale Mindestlöhne. Seit 2021 sind sie auch auf Gemeindeebene ein Thema. Die Städte Zürich und Winterthur stimmten Mitte 2023 einem Mindestlohn von Fr. 23.– auf Gemeindeebene zu. Aufgrund hängiger Rekursverfahren musste jedoch an beiden Orten die Einführung hinausgeschoben werden. Die Stadt Luzern hat ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, welches die Gültigkeit und die Vereinbarkeit der Initiative mit übergeordnetem Recht bestätigt und sie zudem als durchführbar einschätzt.

Wie funktioniert ein Mindestlohn?

Wird ein lokaler Mindestlohn eingeführt, müssen sich alle Arbeitgebenden mit Standort in der Gemeinde dazu verpflichten, ihren Mitarbeitenden am lokalen Standort den geforderten Mindestlohn auszuzahlen. Die Einhaltung wird von einem Kontrollorgan stichprobenartig kontrolliert.

Konkret würden also – unabhängig vom Wohnort – alle in Luzern arbeitenden Personen mit einem Lohn von weniger als Fr. 22.–/Std. vom städtischen Mindestlohn profitieren. Ausnahmen vom Mindestlohn (zum Beispiel Lernende) sowie weitere Details sind im Reglement definiert. Basierend auf der Lohnstrukturerhebung können für die Stadt Luzern keine verlässlichen Aussagen dazu gemacht werden, wie viele Personen tatsächlich von einem Mindestlohn profitieren könnten.

Unterschiedliche Studienergebnisse zur Wirkung von Mindestlöhnen

Zu den Wirkungen von Mindestlöhnen liegen sehr unterschiedliche Studienergebnisse vor. Auch Erhebungen aus der Schweiz zu kantonalen Mindestlöhnen zeigen nicht eindeutige Resultate. Da die Auswirkungen von Mindestlöhnen insgesamt von vielen verschiedenen Faktoren abhängig sind (Branche, konjunkturelle Lage, räumliche Ausdehnung des Mindestlohns usw.), müssen die Fakten und Argumente aus den verschiedenen Quellen in erster Linie politisch gewichtet werden.

Befürworterinnen und Befürworter sehen im Mindestlohn einen Lösungsansatz, um Armut trotz Erwerbstätigkeit zu lindern. Insbesondere Familien mit Kindern sowie erwerbstätige Personen im Gastgewerbe, in Reinigungsdiensten und im Detailhandel seien von Tieflöhnen betroffen. Dazu gehören mehrheitlich Frauen, die zudem oft Teilzeit arbeiten. Schon Mindestlöhne auf kommunaler Ebene könnten helfen, prekäre finanzielle Situationen abzufedern. Jeder zusätzliche Franken, der beispielsweise von arbeitstätigen Sozialhilfebeziehenden verdient wird, könne die Stadt bei der wirtschaftlichen Sozialhilfe einsparen. Ein Mindestlohn könnte zudem im Zusammenhang mit dem Arbeitskräftemangel einen positiven Effekt haben.

Nach Ansicht von Kritikerinnen und Kritikern ist ein Mindestlohn ein ungeeignetes Mittel zur Armutsbekämpfung. Nur ein kleiner Teil der statistisch erfassten Armen könne davon profitieren, weil viele von ihnen gar nicht erwerbstätig seien (Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslose). Ein staatlich verordneter Mindestlohn sei ein grosser Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit. Er berücksichtige unter anderem die unterschiedlichen wirtschaftlichen Realitäten verschiedener Branchen zu wenig. Ein lokal auf die Stadt Luzern beschränkter Mindestlohn könnte zur Abwanderung von Unternehmen in die Agglomeration führen. Damit bestehe das reelle Risiko, dass in der Stadt weniger Arbeitsplätze angeboten würden. Das Image der Stadt als attraktiver Wirtschaftsstandort könnte leiden.

Haltung des Stadtrates

Der Stadtrat anerkennt das sozialpolitische Anliegen der Initiantinnen und Initianten: Wer einer Vollbeschäftigung nachgeht, sollte damit auch seinen Lebensunterhalt sichern können. Er kommt jedoch nach Abwägung der Chancen und Risiken zum Schluss, dass ein städtischer Mindestlohn nicht zielführend sei. Der Stadtrat bezweifelt zudem aufgrund der uneindeutigen Datenlage, ob die erhoffte positive Wirkung eines Mindestlohns tatsächlich eintreten würde. Die mit der Einführung eines Mindestlohns verbundenen Kontrollen und Sanktionen von Verstössen würden zu Mehrkosten für die Stadt Luzern führen. Angesichts der zusätzlich anfallenden Aufgaben erachtet der Stadtrat Aufwand und Ertrag bei der Einführung eines städtischen Mindestlohns als unausgewogen.

Stadtrat Martin Merki ist der Überzeugung, dass ein lokal verordneter Mindestlohn einen unverhältnismässigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellt und als Insellösung begrenzt auf die Stadt Luzern wenig Sinn macht.

Der Stadtrat lehnt daher die Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!» ab.

Link:
Bericht und Antrag 5/2024: Initiative «Existenzsichernde Löhne jetzt!»

Name
Initiative Existenzsichernde Löhne jetzt! Medienmitteilung 27.02.2024 (PDF, 219.94 kB) Download 0 Initiative Existenzsichernde Löhne jetzt! Medienmitteilung 27.02.2024
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