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10. Mai 2021
Die Coronapandemie hat auch drastische Auswirkungen auf den Sport und das Vereinsleben. Ob Profi oder Amateurinnen und Amateure – alle müssen sich den wechselnden Bestimmungen anpassen. Sie versuchen teils ohne Zuschauerinnen und Zuschauer, ohne Wettkämpfe und trotz wegbrechender Einnahmen am Ball zu bleiben und ihren Verein am Leben zu erhalten.

Andreas Bättig, freischaffender Journalist

Es ist diese unheimliche Stille, die sofort auffällt, wenn man ein Spiel des FC Luzern im Fernsehen schaut. Keine Fangesänge, kein Jubel bei einem Tor, das ansonsten so stimmungsvolle und ausgelassene Hintergrundrauschen fehlt. Ende Oktober 2020 waren keine, aktuell sind lediglich 100 Fans im Stadion zugelassen. Dass der Klub ausgerechnet auf die Fans verzichten muss, «tut uns brutal weh», sagt Markus Krienbühl, Kommunikationschef des FCL. Die Fans seien in der Pandemie klar der grösste Verlust. «Sie fehlen den Mitarbeitern, sie fehlen insbesondere auch den Spielern.» Denn im Stadion seien sie definitiv der 13. Mann. «Dann, wenn es knapp wird, kann ihre Unterstützung dazu beitragen, den Match zu kehren», ist Krienbühl überzeugt.

Auch für die Fans selber sei es zurzeit eine traurige Situation. Auf der Allmend träfen sich Büezer und Banker, das verbindende Glied sei der FCL, mit dem man feiert und trauert. «All diese Emotionen können sie seit Monaten nicht mehr im Stadion ausleben.» Zu spüren bekommt der Klub die Abwesenheit der Zuschauer auch finanziell. Der FCL musste Darlehen von rund 5,5 Mio. Franken aufnehmen, die es bis Ende 2023 zurückzuzahlen gilt. Laut Krienbühl ist man zuversichtlich. Denn man könne auf die Solidarität der Sponsoren und der Fans zählen. «Viele haben ihre Saisonkarte behalten und dem Verein dafür einen selbstgewählten Beitrag bezahlt. Auch die Sponsoren sind uns treu geblieben.» Deshalb gäbe es auch weiterhin keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken.

Rigorose Schutzkonzepte

Ungewöhnlich seien nicht nur die leeren Zuschauerränge, sondern auch die übrigen Umstände, unter denen der Klub trainieren und arbeiten muss. Die Ersatzspieler müssen auf der Tribüne mit Maske Platz nehmen, Maskenpflicht herrscht praktisch überall ausser auf dem Spielfeld. «Die Spieler halten die Schutzkonzepte rigoros ein. Schliesslich ist die Gesundheit ihr Kapital.» Dank dieser Vorsichtsmassnahmen sei der Verein zum Glück vor grösseren Corona-Ausbrüchen verschont geblieben. «Das hat sicher auch damit zu tun, dass sich die Spieler im Privaten diszipliniert verhalten.»
Krienbühl hofft, dass sich die Lage in nicht allzu ferner Zukunft wieder normalisiert. «Denn so macht es einfach kaum Spass. Wir wollen feiern und leiden. Zusammen mit Tausenden im Stadion.»

Trainings- und Wettkampfpläne durchkreuzt

So wie dem FC Luzern geht es zurzeit vielen Vereinen in Luzern. Die Coronapandemie hat die Trainings- und Wettkampfpläne, ja das komplette Vereinsleben durcheinandergebracht. So mussten Jubiläumsfeiern abgesagt, Trainingsorte gewechselt oder Wettkämpfe verschoben werden. Doch wie die nachfolgenden Porträts des SC Obergeissenstein, des Leichtathletikclubs sowie des Schwimmklubs zeigen, reagieren die Vereine kreativ und mit viel Elan auf die schwierige Situation. Sie improvisieren, führen Schutzkonzepte ein und sorgen so dafür, dass das Vereinsleben nicht komplett zum Erliegen kommt.

Keine Feier zum 100-Jahr-Jubiläum

Nicht nur grosse Fussballklubs leiden unter der Pandemie: «Wir mussten das Klublokal schon ab Mitte Oktober wieder schliessen. Es war und ist eine sehr schwierige Zeit», sagt Andreas Piattini, Präsident des SC Obergeissenstein. Besonders die Absage der Feierlichkeiten des 100-jährigen Bestehens des Klubs im letzten Jahr habe sehr geschmerzt. «Es war ein Schock, dass wir alles innerhalb von wenigen Tagen sistieren mussten.» Auch in diesem Jahr könne das Sommerlager für Juniorinnen und Junioren nicht durchgeführt werden. «Bei uns lautet die Devise: Gesundheit geht vor.» Zum Glück würden solch schwierigen Entscheide grossmehrheitlich auf Verständnis stossen. «Wir spüren einen grossen Rückhalt bei den Vereinsmitgliedern. Das familiäre Umfeld des SCOG hilft sicher, dass wir gemeinsam diese Krise ausstehen können.»

Trotzdem sei der Verein am Anschlag. Besonders für den Vorstand seien die letzten zwölf Monate intensiv gewesen. «Wir betrieben einen riesigen Aufwand. Mussten Schutzkonzepte schreiben und deren Einhaltung kontrollieren», sagt Piattini. Sorgen bereitet dem Vereinspräsidenten insbesondere die Juniorenabteilung. «Es gibt klare Tendenzen, dass einige Junge wegen der Einschränkungen nach Alternativen zum Mannschaftssport suchen.» Deshalb sei man froh, dass zumindest im Nachwuchs der Spiel- und Trainingsbetrieb wiederaufgenommen werden konnte. Dass aber auch hier keine Fans, also die Eltern, am Spielfeldrand stehen dürfen, sei äusserst herausfordernd.

Glück habe man bis jetzt bei Corona-Ansteckungen gehabt. «Wir hatten Einzelfälle in der Vorrunde. Aber dank der Schutzkonzepte hatte das keine grösseren Auswirkungen auf den Vereinsbetrieb.» Piattini hofft, dass die Pandemie bald ausgestanden ist. «Dann freuen wir uns umso mehr, endlich unser Jubiläum feiern zu können.»

Sport
Die Juniorinnen und Junioren des SC Obergeissenstein beim Training. Wegen der Corona-
Einschränkungen haben einige Alternativen zum Teamsport gesucht und gefunden.

Das Training findet im Exil statt

Aufgrund der Corona-Massnahmen hat der Schwimmklub Luzern seinen Trainingsort verloren: das Hallenbad Luzern. Als dieses im Dezember 2020 geschlossen wurde, wurden die Schwimmerinnen und Schwimmer zu Landratten. «Wir haben unseren Trainingsbetrieb zwischenzeitlich komplett umgestellt und konnten nur Kraft- und Ausdauertrainings auf dem Trockenen machen», sagt Vorstandsmitglied Tamara Eiermann. Besonders die Stärkung der Muskulatur und der Erhalt der Ausdauer seien dabei im Zentrum gestanden. «Schwimmtechnik selber lässt sich vor allem im Wasser trainieren. So gesehen hat die Coronapandemie einigen Fortschritt gekostet.» Gerade bei den Kindern werde man das merken. «Die machen zum Teil innerhalb eines Jahres gewaltige Sprünge», sagt Eiermann.

Zum Glück konnte man das Hallenbad auf dem Campus Sursee für Wassertrainings nutzen. «Wir sind natürlich sehr froh, dass wir hier in unserem gewohnten Element trainieren konnten», sagt Eiermann. Denn andere Trainingsorte als Hallenbäder gäbe es für den Schwimmklub Luzern zurzeit nicht. Der See sei keine Option. «Wir sind mindestens ein bis zwei Stunden im Wasser. Dafür sind die Wassertemperaturen einfach zu kalt.» Ausserdem könne man auch aus Sicherheitsgründen mit den Kindern nicht im See trainieren.

Für den Schwimmklub zusätzlich schmerzvoll sei, dass auch keine Schwimmkurse stattfinden konnten. Auch die Wasserballer und die Turmspringerinnen mussten eine Zwangspause einlegen.

Sport
Weil das Hallenbad Luzern bis April 2021 geschlossen war, hat der Schwimmklub Luzern zuerst
ausschliesslich auf dem Trockenen und später im Hallenbad auf dem Campus Sursee trainiert.

Seit Mai können die Mitglieder des Schwimmklubs nun wieder auf ihren angestammten Bahnen kraulen: Das Hallenbad Luzern ist für die 10- bis 20-Jährigen, für Schul- und Vereinssport, geöffnet: «Der gewohnte Trainingsbetrieb ist wieder möglich. Das ist eine riesige Freude und eine grosse Erleichterung für uns alle», sagt Tamara Eiermann.

Wettkämpfe fehlen

Hart getroffen wurde auch der Leichtathletikclub Luzern (LCL). Besonders die Pläne der jungen Athletinnen und Athleten, die kurz vor dem Sprung in die Elite sind, wurden über den Haufen geworfen. «Ihre Situation ist ganz schwierig», sagt LCLTrainer Stephan Zopfi. Denn die Nachwuchshoffnungen durften beispielsweise über den Winter nicht in einem Indoor-Kraftraum ihre ansonsten so wichtige Trainingsvorbereitung durchführen. Auch hätten die Hallenwettkämpfe gefehlt, bei denen die eigene Leistung gemessen werden konnte. «Wenn sie Pech haben und die Coronapandemie noch länger anhält, verlieren sie zwei ‹normale› Jahre.» Diesen Knick in der Karriere aufzuholen, sei sehr schwierig. «Die mentale Belastung ist enorm. Wir versuchen in persönlichen Gesprächen, die Athletinnen und Athleten zu motivieren», sagt Zopfi.

Sport

Eine Monsteraufgabe steht dem Verein Spitzen Leichtathletik Luzern, der aus dem Leichtathletikclub hervorgegangen ist, im Sommer bevor. Am 29. Juni soll auf der Allmend das internationale Leichtathletik-Meeting stattfinden. «Ein erneuter Lockdown wäre für uns der Super-GAU», sagt Zopfi.

Schon jetzt sei der Mehraufwand mit den Schutzkonzepten aufgrund der Corona-Krise enorm. Für den Wettkampf im Juni würde das bedeuten, dass die Sportlerinnen und Sportler einzeln vom Flughafen abgeholt und in ein Einzelzimmer gebracht werden müssten. Falls es massive Beschränkungen der Zuschauerzahlen geben würde, fiele ein grosser Teil an Gastro-Einnahmen zur Kostendeckung weg.

Einen Lichtblick gibt es allerdings. Der Klub ist vor Corona-Ausbrüchen verschont geblieben. «Wir hatten auch immer einen guten Austausch mit der Stadt und wussten immer, was wir dürfen und was nicht.» Nun hoffe man, dass mit weiteren Öffnungsschritten wieder etwas Normalität in den Trainingsbetrieb kommen kann.

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Stadtmagazin 2/2021