Die Gebäude an der Oberen Bernstrasse nehmen Form an. Zackige Balkone weisen auf das Schild weiter oben: «Littau (Stadtteil Luzern)». Ein dynamischer Ort, auf Plänen wie in der Realität. Überall sind Baustellen. Am anderen Ende, beim Stadteingang Renggloch, führt die Kantonsstrasse unter einer Kabelbrücke durch. Links und rechts stabilisieren Bagger das Gelände und erweitern Verkehrswege. Im Zentrum, beim Fanghöfli, wird ein Gebäude zurückgebaut. Hier ist nach Gartenhof und Grossmatte das dritte 2000-Watt-Areal vorgesehen.
Titelbild: Der Baubeginn erfolgte termingerecht, der Sportplatz ist bereits Sperrzone, die Arbeiten gehen planmässig voran. Bis Frühling 2027 werden die Nutzerinnen und Nutzer der Schulanlage Littau Dorf mit verschiedenen Provisorien vorliebnehmen müssen.
Frühere und heutige Ritter
Auf der Strasse zum Littauerboden wird die Fernwärmeleitung installiert. Der historische Dorfplatz ist deshalb gesperrt; unter der einstigen Linde steht eine Toi-Toi-Kabine. Littau, seit der Fusion 2010 auch Luzern-West oder 6014 genannt, ist ein Synonym für Wandel. «Ein Wandel auf Irrwegen», brummt einer am Stammtisch im 1607 erbauten Gasthaus Ochsen. Nicht nur, kann festgehalten werden: Kiesgruben befüllte man eine Zeit lang mit Güsel. Als die Deponien in den 1970er-Jahren schlossen, wurde man auch für Familien attraktiv. Nun sei Littau zum Entwicklungsgebiet der Stadt geworden, kommentiert ein anderer.
Beim Dorfplatz beginnt die Ritterstrasse nach Ruopigen. Die «Ritter Notker, Jakob, Ortolf von Littau», Lehnsherren zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert, werden auf einem goldenen Schild geehrt. Dahinter, fast versteckt, liegt das Schulhaus Littau Dorf der Architekten Möri & Krebs an aussichtsreicher Lage. Ein Panorama von Wolhusen bis Seetal eröffnet sich. Albert Elmiger-Ottiger, Lehrer, Gemeindepräsident, Gross- und Erziehungsrat, schrieb 1923: «Trotzdem das Werk ein Kind der Nachkriegszeit (1914–18) ist und im Zeichen der Geldknappheit entstund, so weist doch nichts an ihm auf Kümmerlichkeit hin, im Gegenteil.» Auch 100 Jahre später lässt man sich nicht lumpen: 63,07 Mio. Franken sind für die Gesamtsanierung und Erweiterung der Schulanlage budgetiert. Die zwei Schulhäuser auf der oberen Ebene werden saniert, eine Dreifachturnhalle und zwei weitere Trakte in eine Schulparklandschaft gepflanzt. Das «Lucky Luke und die Daltons»-Projekt von Jäger Charpié Architekten und Berchtold, Lenzin Landschaftsarchitekten weckt Vorfreude. Bis zur Fertigstellung im Frühling 2027 dauert es aber noch.
Integration macht Schule
Schulleiter Thomas Buchmann (35) empfängt in seinem Büro im Schulhaus, das als Erstes geräumt werden muss. Er könne seinen Computer gut im Provisorium aufstellen, sagt er. Dieses entsteht an der Ritterstrasse auf einem Kiesplatz, wo die Metallskulpturen eines russischen Künstlers parkiert sind, die zuvor die Château-Gütsch-Wiese bevölkerten. Der Modulbau wird vom sanierten St.-Karli-Schulhaus hochbefördert. Im Januar soll er bezugsbereit sein.
Mehr Sorgen bereiten Buchmann die Freiräume der 300 Primarschulkinder. Der Sportplatz ist eigentlich bereits Sperrzone, ebenso das steile Wäldchen – ein beliebter Rückzugsort. Ab den Frühlingsferien müssen sich die Kinder auf dem 200 Meter entfernten Fussballplatz im Fanghöfli-Quartier austoben, der über einen Schleichweg zu erreichen ist.
Lernen im Netzwerk
Dem Schulbetrieb sind zudem 180 Kindergartenkinder an bald acht Standorten angeschlossen. Buchmann setzt sich dafür ein, dass Kinder und Eltern ihren Lebensraum als Netzwerk erleben. Man sieht sich als Bildungspartnerin neben Eltern, Vereinen, Sportklubs, Pfarrei, Tagesbetreuung. «Kinder werden auch in der Freizeit gebildet. Sie sollen ein Bewusstsein für ihren Wohnort Littau entwickeln», so Buchmann. «Sozialraumorientierung» nennt sich dieses Konzept, für welches Littau Dorf vom Kanton ausgezeichnet worden ist.
Bauarbeiter fahren auf dem Sportplatz vor. Zwei Jungs konzentrieren sich weiter auf ihren Ball. «Unser Lieblingsort in Littau ist überall, wo wir Basket- oder Fussball spielen können, egal wie es ringsum aussieht», sagen Besalel (10) und Sennay (11). Beide haben eritreische Wurzeln und wohnen im Grünauring auf dem Littauerboden. Der eine hat vier, der andere fünf Geschwister. Mit den Eltern reden sie Tigrinya.
Extreme Vielfalt
Die Landschaft zwischen Littauerberg und Sonnenberg ist durch die Kleine Emme und die markanten Hügelzüge mit Zimmereggwald und Gütschwald strukturiert. Unter Letzterem erstreckt sich eine lebendige Gewerbezone: Hochstrasser röstet Kaffee, die Bäckerei Hug duftet neben Zahnbürstenherstellerin Curaden, zwischen Autospezialisten, Alu- und Werkzeugbauern sind Fitness- und
Kampfsportklubs auszumachen. Durchs Gebiet soll bald der Fahrradweg Kreuzstutz–Grossmatte West führen. Beim dortigen Zentrumskreisel dreht die Vielfalt noch weiter: Fanghöfli-Parkplätze, Sterbehospiz Zentralschweiz, Ali Baba Kebab & Pizza Haus, Top Market mit kosovarischen Fussballtrikots, Rückbaustelle und dereinst Aldi. Im weiteren Radius befindet sich das ins Inventar schützenswerter Bauten eingetragene Wohnhochhaus «Fanghöfli».
Verdichten und Freiräume sichern
Das Gebiet ist im «Raumentwicklungskonzept 2018» als Quartierzentrum markiert. Mitverfasserin ist Sarah Grossenbacher, Raumplanerin und Co-Leiterin der Stadtplanung. Wie geht man heterogene Situationen an? «Littau, der Kantonsstrasse entlang, zeigt baulich unterschiedliche Strukturen auf, wie man sie auch aus anderen Agglomerationsgemeinden kennt: Einfamilienhäuser, Läden, Mehrfamilienhäuser, Tankstelle, Gewerbe reihen sich unvermittelt nebeneinander. Die neuen Bauten beim Areal Grossmatte West stellen dabei einen neuen Massstabssprung dar.» Jetzt gelte es, gestalterisch weiter einzuwirken und auf bestehende Qualitäten hinzuweisen: Littau West wird verdichtet, der Strasse entlang auch St. Michael auf Höhe Rönnimoos und Längweiher / Udelboden. Das dortige Naturgebiet wird ökologisch aufgewertet, ein kleiner Zufluss ausgedolt. Zwischen Grenzhof und Rönnimoos entsteht ein Quartierpark.
In beide Richtungen haben bislang vor allem Hochspannungsleitungen gezeigt. Ende Mai werden diese abgehängt und die Masten zurückgebaut. Bereits fliessen bis 110’000 Volt durch unterirdische Superleitungen. Das weiss seit Kurzem auch ein portugiesischer Anwohner, der tagsüber in einer Oldtimergarage bei Zug arbeitet. Vielleicht habe er wegen der Hochspannung oft Kopfweh gehabt, denkt er. Der Entspannung steht hier bald nichts mehr im Weg.
Edith Arnold
Freischaffende Journalistin
Viele Gründe zum Feiern
Das Schulhaus Littau Dorf wird ein Jahrhundert alt. Am 3. Juni 2023 ab 10 Uhr findet das grosse Jubiläumsfest unter dem Motto «100 Gründe zu feiern» statt (siehe S. 17).
Am 1. Juli steigt eine weitere Feier: Bei der Badi Zimmeregg wird die Spielwiese eröffnet, die Badi selber macht 2024 ihre Türen wieder auf.
Waldschwimmbad
Das Waldschwimmbad wird zurzeit grundlegend saniert. Dazu gehören neue Schwimmbecken, ein neues Kinderplanschbecken, ein neues Eingangsgebäude, eine 80 Meter lange Rutsche und ein neuer Kinderspielplatz, der auch ausserhalb der Hauptsaison zugänglich sein wird. Die Stadtluzerner Stimmberechtigten haben dafür im September 2021 einen Sonderkredit von 14,875 Mio. Franken gutgeheissen.
Eröffnung Spielwiese
Das Waldschwimmbad wird im Mai 2024 wiedereröffnet – die Spielwiese gegenüber der Badi hingegen bereits diesen Sommer. Die Sportanlagen wurden modernisiert. Den Besucherinnen und Besuchern werden künftig ein Beachvolleyballfeld, eine Boulebahn, ein Fussballfeld und Tischtennistische sowie Balanciermöglichkeiten und eine Himmelsschaukel zur Verfügung stehen. Neue Sitzgelegenheiten mit Grillstellen laden zum Beisammensein ein. Geplant ist, die Spielwiese am Samstag, 1. Juli 2023, zu eröffnen.
Mehr Informationen
Details zum Programm ab Juni 2023 unter: www. stadtluzern.ch/projekte/ weitereprojekte/42118