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18. Dezember 2024
Der Schweizerhofquai wird zwischen Schwanenplatz und Kurplatz teilweise entsiegelt. Der Wechsel von Asphalt auf Mergel erfolgt etappenweise. Das Entsiegeln ist eine der wichtigsten Schwammstadt-Massnahmen.

Bild oben: Die Visualisierung zeigt das Ziel: von der Seebrücke bis zum Tivoli bessere Bedingungen für die Bäume und eine einheitlich gestaltete Promenade.

Von Manuel Huber

Die Doppelreihe Rosskastanien ist charakteristisch für den Schweizerhofquai und trägt zur Attraktivität dieser beliebten Flanierzone bei. Die mit einem Belagswechsel von Asphalt auf Mergel verbundenen baulichen Massnahmen können je nach örtlichen Gegebenheiten einen grossen Eingriff in das über einen langen Zeitraum entstandene Wurzelsystem darstellen. «Dies führt in der Folge zu zusätzlichem Stress für die Bäume und gefährdet den aktuellen Bestand der alten Bäume», erklärt David Risi, Fachstelle Schwammstadt bei der Stadt Luzern, und ergänzt: «Eine Entsiegelung ist grundsätzlich gut für den Baum. Die Entsiegelung ist aber immer situativ zu prüfen.» Bei den Analysen am Schweizerhofquai stellten Fachleute fest, dass sich die feinen Versorgungswurzeln direkt unter dem Asphalt in den oberen Bodenschichten befinden. Der vorhandene Asphalt-Deckbelag schützt das Wurzelwerk damit vor Verdichtung und äusseren Einflüssen, verursacht durch den hohen Nutzungsdruck. Eine Entfernung des Belags würde dazu führen, dass die Versorgungswurzeln gekappt oder beschädigt werden und die Bodenschichten aufgrund der erhöhten Verdunstung des Mergelbelags rasch austrocknen.

Gesundheitszustand der Bäume

Die Bäume am Schweizerhofquai haben sich über einen langen Zeitraum dem Umfeld angepasst.

Ältere Bäume könnten eine flächige Entfernung des Asphalts nicht überleben. Ihnen fehlt die Vitalität, die Versorgungswurzeln zu regenerieren und sich an die neue Situation anzupassen. Die Umsetzung des Gestaltungsprojekts wird daher dem Gesundheitszustand der Bäume angepasst. «Entsiegelt wird erst, wenn die älteren Bäume das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben. Da die Bäume unterschiedlich alt sind und jeweils einen anderen Gesundheitszustand aufweisen, soll die Entsiegelung etappenweise erfolgen», so David Risi weiter. Im Zuge der Neugestaltung wird der alte seeseitige Baumbestand in der jeweiligen Etappe entfernt und durch junge Rosskastanien ersetzt. Die bestehenden jungen Bäume können mit der Entsiegelung umgehen und werden in die Etappen integriert.

Gestaltung als durchgängige Promenade

Für die Neugestaltung des Abschnitts mit entsiegelten Flächen wurde ein Variantenstudium durchgeführt. Die Bestvariante basiert auf der Idee, dass die gesamte Quaianlage von der Seebrücke bis zum Tivoli als eine Promenade verstanden wird. Der Abschnitt zwischen Schwanenplatz und Kurplatz wird daher gleich gestaltet wie die heutige Promenade Kurplatz–Tivoli. Lukas Deschwanden, Projektverantwortlicher beim Tiefbauamt: «Der seeseitige Bereich bis und mit erster Baumreihe wird entsiegelt. Die erste Baumreihe am See wird mit einem Stahlrost direkt über den Wurzeln abgedeckt. Dies sorgt im Wurzelraum für bessere Lebensbedingungen und trägt zum Schutz vor der Bodenverdichtung durch Personen und Fahrzeuge bei. Zwischen den Baumreihen wird ein Weg mit Belag belassen, analog dem restlichen Quai. Die Fläche um die zweite Baumreihe entlang der Strasse wird ebenfalls entsiegelt und mit einer zusammenhängenden Kiesoberfläche ausgebildet.»

Etappierung mit Zwischenzustand

Entsiegelung und Neugestaltung des Schweizerhofquais erfolgen in mehreren Etappen rund alle fünf Jahre. Der Endzustand wäre demnach in etwa 15 bis 20 Jahren erreicht. Die erste Etappe startet im Winter 2025/26 und beinhaltet die Bäume entlang der Strasse sowie einige Baumgruppen auf der Seeseite. Die Kosten für die erste Etappe des Projekts belaufen sich auf 730’000 Franken. Für den Zwischenzustand wurde jene Variante gewählt, die möglichst wenig Stress für die Bäume verursacht. So sollen jene Bereiche, die in den einzelnen Etappen entsiegelt und neu bepflanzt werden, dem Endzustand entsprechen. Dadurch wird vermieden, dass zu einem späteren Zeitpunkt im Wurzelraum Veränderungen vorgenommen werden müssen, was sich wiederum negativ auf die bestehenden und neuen Bäume auswirken würde.

Sinnvolle Lösung

Die Entsiegelung geht auf ein Postulat zurück, das der Grosse Stadtrat im März 2023 vollständig überwiesen hatte. Das zwischenzeitlich erarbeitete Projekt für die teilweise Entsiegelung und Neugestaltung des Schweizerhofquais erachtet der Stadtrat als sinnvolle Lösung. Der Grundsatz «Die Bäume geben den Takt vor» ist wichtig und richtig. Wertvolle alte Bäume sollen nicht präventiv gefällt oder durch eine grossflächige Entsiegelung ihrer Lebensgrundlage beraubt werden. Die Bäume bleiben so lange wie möglich erhalten und werden vor unnötigen Eingriffen geschützt. Gleichzeitig erfüllt der angestrebte Zwischenzustand die ästhetischen Ansprüche an diesen beliebten Uferbereich an prominenter Lage. Für den Stadtrat hat die Entsiegelung des öffentlichen Raums eine hohe Priorität. Aus diesem Grund wurden in den vergangenen Jahren Massnahmen eingeleitet und Projekte umgesetzt, um Versiegelungen zu minimieren oder die Entsiegelung zu fördern.

Luzern auf dem Weg zur Schwammstadt

Die Stadt Luzern will die Auswirkungen der Klimakrise lindern. Dazu setzt sie unter anderem auf das Schwammstadt-Prinzip. David Risi von der Fachstelle Schwammstadt Luzern: Was steckt hinter dem Begriff?

Schwammstadt ist ein Konzept der klimaangepassten Stadtplanung. Es zielt darauf ab, Regenwasser zurückzuhalten und dort verdunsten und in den Boden versickern zu lassen, wo es fällt. Vereinfacht gesagt, sind damit jegliche Massnahmen gemeint, die den natürlichen Wasserhaushalt fördern: von Baumpflanzungen über Entsiegelungen bis zu Dachbegrünungen.

David Risi
David Risi von der Fachstelle Schwammstadt Luzern

Wie geht die Stadt Luzern vor?

Die Möglichkeiten für die Anwendung des Schwammstadt-Konzepts werden in jedem städtischen Infrastrukturprojekt geprüft. Die Fachstelle Schwammstadt von Stadtgrün Luzern erarbeitet dafür eine Potenzialanalyse. Damit wird beurteilt, wo Bedarf und wo Potenzial besteht und welche Prioritäten es gibt. Welche Schwammstadt-Elemente sinnvoll sind, wird aufgrund der örtlichen Gegebenheiten entschieden. Innerhalb des Stadtgebiets zeigen sich teils deutliche Unterschiede.

Wie passt die Entsiegelung am Schweizerhofquai in dieses Konzept?

Grundsätzlich wirkt sich jede Entsiegelung positiv auf den Wasserhaushalt und damit auf das Mikroklima aus. Entscheidend ist aber, dass die Massnahme den jeweiligen Standort berücksichtigt und keine vorhandenen, funktionierenden Strukturen gefährdet. Das sind beispielsweise alte, gut entwickelte Bäume mit einem Wurzelsystem, das sich über einen langen Zeitraum entwickelt hat, wie wir es am Schweizerhofquai haben. Bei einer Entsiegelung müssen Gefährdungen durch Hitze, Starkregen und Auswirkungen bestehender und zukünftiger Nutzungen berücksichtigt und verbessert werden.

Wo ist und wird die Schwammstadt Luzern sichtbar?

Bei sickerfähigen Belägen, grossen Baumpflanzungen, den Entwässerungen von bebauten Oberflächen in Grünflächen oder durch besondere Elemente im öffentlichen Raum wie etwa die Baumpflanzungen an der Bergstrasse oder der Sportplatz 21 auf der Allmend, der nach dem Schwammstadt-Prinzip geplant und demnächst umgesetzt wird. Auch an der Waldstrasse in Reussbühl wird Schwammstadt mitgeplant.

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Stadtmagazin 4/2024

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