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22. August 2022
Die Notwendigkeit der Klima- und Energiestrategie war im Grossen Stadtrat wenig bestritten. Auf grossmehrheitliche Zustimmung stiess auch das übergeordnete Ziel, die energiebedingten Treibhausgasemissionen bis 2040 auf null zu reduzieren.

Die Klima­ und Energiestrategie wurde im Grossen Stadtrat als wichtigstes Geschäft der Legislatur bezeichnet. Die Vorlage hat es in sich, was Umfang und Komplexität der Inhalte angeht. So musste sich die Kommission dreimal zur Vorberatung treffen, die Behandlung der Vorlage im Grossen Stadtrat nahm zwei Sitzungstage in Anspruch.

Titelbild: Eine Solaranlage für das Konzerthaus Schüür: Als Ersatz für Öl und Gas, und weil der Stromverbrauch für die Elektromobilität steigt, soll in der Stadt möglichst viel Solarstrom produziert werden. Darin waren sich alle Fraktionen im Grossen Stadtrat einig.

Reduktion der Treibhausgasemissionen

Der grosse Handlungsbedarf in der Klima- und Energiepolitik wurde dabei von allen Fraktionen anerkannt. Das Ziel, alle energiebedingten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet bis im Jahr 2040 auf null zu senken, wurde grossmehrheitlich als sehr ehrgeizig, aber auch als notwendig erachtet. Einzelne Fraktionen lehnten diesen Zeithorizont indes ab und beantragten stattdessen kürzere (2030) oder längere (2050) Fristen.

Auch Verkehr muss Beitrag leisten

Die verbindliche Festlegung der konkreten Zielsetzungen als sogenannte Absenkpfade im Energiereglement gab zu intensiven Diskussionen Anlass. Eine knappe Mehrheit des Parlaments wollte die Treibhausgasemissionen rasch reduzieren und bis 2030 mehr als die Hälfte der bis 2040 erforderlichen Emissionsreduktion erreichen. Eine knappe Minderheit wiederum wollte für den Verkehrsbereich keine separaten Zielsetzungen formulieren. Die Parlamentsmehrheit und der Stadtrat erachten dies hingegen als notwendig: Erstens, weil der Verkehr eine wichtige Quelle für Treibhausgasemissionen darstelle. Und zweitens, weil der Verkehr in der Vergangenheit kaum zur Emissionsreduktion beigetragen habe.

Übergeordnete Ziele konkret angehen

Eine solche separate Zielsetzung lautet, dass bis 2040 alle in der Stadt Luzern immatrikulierten Fahrzeuge elektrisch und /oder erneuerbar angetrieben sein müssen. Sie ergibt sich direkt aus dem übergeordneten Ziel, die energiebedingten Treibhausgasemissionen auf null zu senken.

32 Massnahmen

Die vom Stadtrat vorgeschlagenen 32 konkreten Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen und Energieverbrauch wurden vom Grossen Stadtrat weitgehend unterstützt. Die Massnahmen basieren auf Beratungs- und Förderangeboten, auf mehreren gesetzlichen Vorgaben etwa im Bereich der Solarenergie und auf der Vorbildfunktion der Stadtverwaltung. Abgelehnt wurde lediglich der Vorschlag, das aktuell gültige Parkplatzreglement auch auf bestehende Parkplätze anzuwenden und damit das private Parkplatzangebot zu reduzieren. Grundsätzliche Vorbehalte gegen Massnahmen auf städtischer Ebene machte die SVP-Fraktion geltend, insbesondere auch aus finanziellen Gründen.

Vorlage des Parlaments und Gegenvorschlag

Der Grosse Stadtrat stimmte der Klima- und Energiestrategie und dem Sonderkredit von 32,55 Mio. Franken für die Umsetzung der Massnahmen mit 30 zu 17 Stimmen bei 0 Enthaltungen zu. Die FDP- und die Mitte-Fraktion haben gegen den Beschluss des Grossen Stadtrates das konstruktive Referendum ergriffen. Am 25. September 2022 kommen deshalb die vom Grossen Stadtrat verabschiedete Vorlage sowie der Gegenvorschlag der FDP- und der Mitte-Fraktion zur Abstimmung. Die beiden Varianten sind bezüglich der langfristigen Zielsetzungen in weiten Teilen identisch. Zu den konkreten Unterschieden gibt die Gegenüberstellung auf Seite 5 Auskunft.

Empfehlung an die Stimmberechtigten

Der Stadtrat empfiehlt den Stimmberechtigten, sowohl der Klima-­ und Energiestrategie Stadt Luzern als auch dem Gegenvorschlag zuzustimmen. Bei der Stichfrage empfiehlt der Stadtrat, die Vorlage des Grossen Stadtrates zu wählen.

 

Argumente des Referendumskomitees

Wirksamer Klimaschutz – fortschrittlich und umsetzbar

Der Gegenvorschlag unterstützt eine fortschrittliche und ambitionierte Klimapolitik. Er heisst deshalb grosse Teile der Klima- und Energiestrategie der Stadt Luzern gut. Die Vorlage des Grossen Stadtrates beinhaltet jedoch nicht umsetzbare Forderungen und Verbote, die der Gegenvorschlag klar ablehnt. Auch sind unkoordinierte Alleingänge ohne Kanton und Bund bei der Mobilität nicht zielführend. Klimapolitik ist nur wirkungsvoll, wenn sie auf realisierbare Massnahmen setzt.

Für einen massiven Ausbau von erneuerbaren Energien

Die Stadt Luzern soll bis 2040 klimaneutral werden. Deshalb unterstützt der Gegenvorschlag die Erhöhung des Energiefonds. Energetische Gebäudesanierungen oder der Ausbau erneuerbarer Energien wie Solarstrom sollen massiv vorangetrieben werden (bis 2050 um das 18-Fache). Auch unterstützt der Gegenvorschlag wirksame Projekte im Bereich der See-Energie wie z. B. «See-Energie Würzenbach» (6 Mio. Franken).

Für eine Begrenzung des Verkehrs (MIV) als Kompromiss

Der motorisierte Individualverkehr (MIV) soll nicht weiterwachsen. Deshalb sieht der Gegenvorschlag eine Plafonierung des MIV 2020 (Basis Jahr 2019) vor. Zukünftiger Mehrverkehr soll in erster Linie durch den öffentlichen Verkehr sowie Fuss- und Veloverkehr abgewickelt werden. Mit diesem Vorschlag möchte das Komitee einen Kompromiss zum radikalen Vorschlag des Grossen Stadtrates erreichen, der bis 2040 eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs von 15 Prozent gegenüber 2010 fordert. Eine solche Reduktion wäre nur mit einem massiven Abbau von Parkplätzen möglich, was schwerwiegende negative Auswirkungen auf Wirtschaft, Tourismus und Gesellschaft hätte.

Ohne nicht umsetzbare Forderungen der Klimastrategie

Die Klimastrategie beinhaltet nicht umsetzbare Forderungen, auf die der Gegenvorschlag mit Blick auf eine mehrheitsfähige Vorlage und somit einen wirksamen Klimaschutz verzichtet:

• Ohne Aufhebung von 3600 Parkplätzen

Um die Ziele der Klimastrategie zu erreichen, sollen als Massnahme bis ins Jahr 2040 3600 öffentliche Parkplätze aufgehoben werden. Das hätte massive negative Auswirkungen auf das Gewerbe. Aufgrund der stark wachsenden Elektromobilität und der Entwicklung von weiteren Technologien wäre ein solcher Abbau auch nicht effizient. Deshalb will der Gegenvorschlag den separaten Absenkpfad für den Bereich Mobilität sowie die Reduktion des MIV um 15 Prozent in den Reglementen streichen, mit welchen diese Massnahme begründet wird.

• Ohne Verbote von nicht erneuerbaren Energien

Diese geplanten Verbote sind – wenn überhaupt – nur mit einem enormen Aufwand zu kontrollieren. Die Stromversorgung ist zudem in der Winterzeit nicht sichergestellt, weshalb es keinen Sinn macht, ein Verbot von nicht erneuerbarem Strom gesetzlich festzuschreiben. Der Vorschlag des Grossen Stadtrates sieht weiter vor, dass bis 2040 alle in der Stadt immatrikulierten Fahrzeuge elektrisch und / oder erneuerbar angetrieben sein müssen. Das kommt einem Verbot von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselantrieb gleich, was schlicht nicht in der Kompetenz der Stadt liegt.

• Ohne unnötige Regelung bei Gebäudesanierungen

Energetische Massnahmen (z. B. Fassade, Heizung oder Fenster) führen in der Regel nicht zu Leerkündigungen. Leerkündigungen werden nur dort geplant, wo ein Verbleib in den Wohnungen nahezu unmöglich ist. Darüber hinaus ist der Mieterschutz bereits genügend gesetzlich geregelt. Die Übergangsfrist der GEAK-Plus-Pflicht soll wie ursprünglich vom Stadtrat vorgeschlagen zehn Jahre statt sechs Jahre betragen. Aufgrund des bereits bestehenden Fachkräftemangels ist eine Übergangsfrist von sechs Jahren unrealistisch.

Hinter dem konstruktiven Gegenvorschlag zur Klima- und Energiestrategie stehen:

FDP. Die Liberalen Stadt Luzern, Die Mitte Stadt Luzern, Jungfreisinnige Stadt Luzern, City Vereinigung Luzern, Hauseigentümerverband Luzern, KMU Littau Reussbühl und Wirtschaftsverband Stadt Luzern.

Weitere Informationen:
www.klima.stadtluzern.ch

 

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Stadtmagazin 3/2022