Bild oben: Auch in der Stadt Luzern haben die Kurzaufenthalte in Ferien- und Businesswohnungen zugenommen. Das neue Reglement macht klare Vorgaben für diese Beherbergungsformen und bezweckt den Erhalt von Wohnraum für die einheimische Wohnbevölkerung.
Von Dagmar Christen / Urs Dossenbach / Michèle Kühnis
Die Stadt Luzern ist bei Gästen und Geschäftsreisenden ein beliebter Ort für einen Kurzaufenthalt. Dies führt dazu, dass das Wohnangebot zur Kurzzeitvermietung in den letzten Jahren gewachsen ist. Angebote wie Business- und Ferienwohnungen sind eine wichtige Ergänzung zu den klassischen Beherbergungsmöglichkeiten. Durch die Zunahme der Kurzzeitvermietung von Wohnungen oder der Umwandlung von Wohnraum in andere Beherbergungsformen besteht aber die Gefahr, dass dauerhaft vermietete Wohnungen verdrängt werden. Zum Schutz des Wohnraums wurde 2021 die Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» eingereicht. Diese verlangte die Rückführung und den Erhalt von Wohnraum für die Wohnbevölkerung.
Schärfere Regelung
Der Stadtrat teilte die Ansicht der Initiantinnen und Initianten, dass eine ungebremste Zunahme der Kurzzeitvermietungen das Wohnangebot knapper und teurer machen kann. Auch er will den Wohnraum für ortsansässige Personen sichern. Für den Stadtrat war die Initiative aber zu radikal. Er wollte neben der Sicherung des Wohnraums weiterhin ein ausgewogenes Angebot an Kurzzeitvermietungen für einen attraktiven Tourismusstandort ermöglichen. Der Stadtrat hatte deshalb einen Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet. Dieser hatte an der Urne allerdings keine Chance. Die Stadtluzerner Stimmberechtigten wünschten sich eine schärfere Regelung und hiessen die Initiative im März 2023 mit über 64 Prozent Ja-Stimmen gut.
Schwierige Umsetzung
Zur Umsetzung der Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» hat der Stadtrat ein Reglement erarbeitet. Wie von den Initiantinnen und Initianten gefordert, wurden damit Kurzzeitvermietungen von Wohnräumlichkeiten auf 90 Nächte pro Jahr beschränkt. Das Reglement sah mehrere Ausnahmen vor, die in der Baukommission und im Grossen Stadtrat für unterschiedliche Reaktionen sorgten. Die Diskussionen zeigten, dass die Umsetzung der Initiative sehr komplex ist.
Unterschiedliche Anliegen
Ein Teil des Grossen Stadtrates war der Meinung, dass mit dem stadträtlichen Reglementsentwurf die Umnutzung von Wohnraum in eine Hotelnutzung zu einfach möglich sei. Der andere Teil störte sich an der Hoteldefinition des Stadtrates. Dieser Passus schränke die Freiheit der Hotelbetreibenden zu stark ein, war die Meinung.
Um diesen unterschiedlichen Anliegen gerecht zu werden, hat die Baukommission das stadträtliche Reglement in verschiedenen Punkten abgeändert. Ganz nach der Maxime von Artikel 1, Absatz 2: «Es (das Reglement) bezweckt die Rückführung und den Erhalt von Wohnraum für die Wohnbevölkerung.» Diesem Grundsatz folgte der Grosse Stadtrat in der Debatte vom 13. Juni 2024. Das Parlament verabschiedete ein Reglement, das klar festhält, wann Kurzzeitvermietungen erlaubt sind: immer dann nämlich, wenn für die Beherbergung von Gästen kein Wohnraum verdrängt oder vernichtet wird.
Um- und Neunutzungen
Konkret sollen gemäss neuem Reglement Räumlichkeiten, die nicht als Wohnraum dienen, umgenutzt werden können: Büroräumlichkeiten, Produktionsflächen, Verkaufsflächen oder Praxen können zu Ferienwohnungen, Hotelzimmern, Business Apartments oder Jugendherbergen umgebaut werden. Voraussetzung hierzu ist, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden und die notwendigen Bewilligungen inklusive einer neu geschaffenen Identifikationsnummer vorliegen.
Räumlichkeiten zur Kurzzeitvermietung in einem Neubau auf der grünen Wiese oder durch den Umbau oder Ersatz eines Gebäudes, das seit 2010 nicht mehr als Wohnraum diente, sind zulässig. Auch in der Arbeitszone dürfen Räumlichkeiten zur Beherbergung erstellt und genutzt werden. Allerdings ist die Verweildauer auf maximal drei Monate pro Person und Jahr beschränkt. Ein Aufenthalt von mehr als drei Monaten gilt als Wohnen, was in der Arbeitszone nicht zulässig ist.
Vor und nach 2010
Räumlichkeiten, die bereits vor 2010 an Gäste vermietet wurden, können auch weiterhin kurzzeitig vermietet werden. Wohnungen, die nach 2010 für die Kurzzeitvermietung hergerichtet wurden, widersprechen jedoch dem neuen Reglement. Sie
können nur noch bis zum 11. März 2028 weiterbetrieben werden. Danach ist die Kurzzeitvermietung illegal. Diese Regelung gilt auch für umgenutzte Personalwohnungen oder Studierendenwohnungen. Personalwohnungen oder Studierendenwohnungen, die nach 2010 beispielsweise zu einer Ferienwohnung oder einem Hotel umgewandelt wurden, sind mit dem Inkrafttreten des überarbeiteten Reglements nicht mehr rechtmässig.
Diskussion um die Übergangsfrist
Zwei rechtliche Fragen sorgten im Grossen Stadtrat für längere Diskussionen. Eine Minderheit des Grossen Stadtrates erachtete die Formulierung, dass mit der kurzzeitigen Vermietung der selbstbewohnten Wohnung keine missbräuchliche Rendite erzielt werde dürfe, als rechtswidrig. Die Mehrheit des Grossen Stadtrates folgte diesem Argument allerdings nicht. Auch die Übergangsfrist für bestehende Angebote war umstritten. Hier stellte sich die Frage, wann die Übergangsfrist von fünf Jahren starten solle. Ab dem 12. März 2023? Oder ab dem Inkrafttreten des Reglements im Jahr 2025? Der Grosse Stadtrat sprach sich für den 12. März 2023 aus; also für jenen Tag, an dem die Stimmberechtigten der Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» zugestimmt hatten. Somit dürfen Wohnungen, die nach 2010 in Kurzzeitvermietungsangebote umgewandelt worden sind, nur noch bis zum 11. März 2028 betrieben werden.
Wie geht’s weiter?
Das Reglement über die Kurzzeitvermietung untersteht nun noch bis zum 21. August 2024 der Referendumsfrist. Falls das Referendum ergriffen wird, kommt es am 24. November 2024 zu einer Volksabstimmung. Falls nicht und falls das Reglement nicht vor Gericht angefochten wird, tritt es am 1. Januar 2025 in Kraft. Ab dann haben die Anbietenden von Kurzzeitvermietungen drei Monate Zeit: In dieser Frist müssen sie sich mittels Onlineformular bei der Stadt Luzern anmelden. Nach der Anmeldung erhalten ihre Räumlichkeiten zur Beherbergung eine Identifikationsnummer. Diese ist beim Anbieten und Bewerben der Unterkunft gut sichtbar anzugeben. Jedes geschaltete Inserat wird daher künftig eine Identifikationsnummer beinhalten müssen. Auch gilt für Anbieterinnen und Anbieter von Kurzzeitvermietungen gegenüber der Stadt Luzern die Auskunftspflicht.
Weitere Informationen:
www.stadtluzern.ch/kurzzeitvermietung
Luzern und der Tourismus
Die Hochschule Luzern hat nach 2020 zum zweiten Mal im Auftrag der Stadt Luzern eine repräsentative Bevölkerungsbefragung zum Tourismusbewusstsein der Luzerner Stadtbevölkerung durchgeführt.
69 Prozent positiv
Zusammengefasst zeigt die Befragung, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten (87 Prozent) sich der grossen Bedeutung des Tourismus bewusst ist. 69 Prozent der Luzerner Stadtbevölkerung beurteilen den Tourismus positiv bis sehr positiv. Individualreisende sowie Reisende aus der Schweiz und Europa geniessen weiterhin eine hohe Akzeptanz. Diese ist allerdings in den letzten vier Jahren gesunken. Gleichzeitig hat sich die Akzeptanz für Reisende aus Asien und für Gruppenreisende im Vergleich zu 2020 leicht verbessert.
Kosten und Nutzen
Der Tourismus wird im Allgemeinen etwas positiver eingeschätzt als vor vier Jahren. Themen wie der Cartourismus, die Verteilung des Nutzens und der Kosten des Tourismus sowie dessen Einfluss auf die Wohnungspreise werden nach wie vor als kritisch beurteilt.
Nicht im Quartier
Die Stadtluzerner Bevölkerung wünscht sich beispielsweise eine bessere räumliche Verteilung der Reisenden. Sie ist aber auch der Ansicht, dass die Anzahl Touristinnen und Touristen im eigenen Quartier nicht zunehmen sollte.