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Obwohl bereits vorher verschiedene Konzerte stattgefunden hatten, gilt das von Arturo Toscanini am 25. August 1938 auf Tribschen dirigierte „Concert de Gala“ als Geburtsstunde der Internationalen Musikfestwochen (IMF), heute Lucerne Festival.

Musikstars wie Arturo Toscanini folgten dem Ruf Luzerns, nachdem im Gefolge des politischen Umsturzes in Österreich im Frühjahr 1938 nach den Bayreuther auch die Salzburger Festspiele von der nationalsozialistischen Ideologie vereinnahmt wurden. Dass die Internationalen Musikfestwochen damit nun zu einem Forum für die freie künstlerische Musikausübung wurden, entspricht allerdings eher einem Akt der Selbststilisierung denn den Tatsachen. Dem umtriebigen Stadtpräsidenten und ehemaligen Hotelier Jakob Zimmerli ging es mit der Musikfestwochengründung in erster Linie um die Ankurbelung des schwächelnden Tourismus während der Vorkriegsjahre. So waren der erklärte Antifaschist Arturo Toscanini und der deutsch-jüdische Dirigent Bruno Walter erst nach der Absage Richard Strauss’, des renommierten Komponisten, Dirigenten und ehemaligen Präsidenten der Reichsmusikkammer, engagiert worden. Während des Zweiten Weltkriegs erhielt auch das Scala-Orchester aus dem faschistischen Italien Gelegenheit zu Auftritten. Immerhin, das Kalkül Zimmerlis, der vom renommierten Dirigenten des Orchestre de la Suisse Romande, Ernest Ansermet, und dem einflussreichen Schweizer Konzertagenten Ernst Schulthess unterstützt wurde, ging auf. Seit 1938 haben sich die Internationalen Musikfestwochen bzw. das Lucerne Festival stetig weiterentwickelt und jährlich versammeln sich zahlreiche Gäste zum Musikgenuss auf hohem Niveau.

Das Stadtarchiv vermittelt in seiner Fotogalerie Impressionen des legendären Festkonzerts vom 25. August 1938.
Die Geburtsstunde der Internationalen Musikfestwochen  ist eng mit Richard Wagners Namen verbunden. Das erste Concert de Gala der IMF unter der Leitung von Arturo Toscanini war Wagner gewidmet und fand auf Tribschen statt, wo der Komponist die wohl glücklichsten Jahre seines Lebens verbracht hatte. Gespielt wurde unter anderem das Siegfried-Idyll - an derselben Stelle, wo am 25. Dezember 1870 Wagner es seiner Cosima zum Geburtstag und in Erinnerung an die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes dargebracht hatte. Wenige Jahre vor dem legendären Festkonzert der Internationalen Musikfestwochen war 1933 das Richard-Wagner-Museum auf Tribschen eröffnet worden, das vom Wagner-Clan gern besucht wurde. Von links nach rechts: Eva Chamberlain (1867-1942), amtlich geb. von Bülow, tatsächlich Tochter von Cosima und Richard Wagner; Blandine Gräfin Gravina, geb. von Bülow (1863-1941), Tochter von Cosima und Hans von Bülow; Baron Hans von Wolzogen, Leiter des Allgemeinen Richard Wagner Vereins (1848-1938). Das Siegfried-Idyll fand seit dem überwältigenden Erfolg des ersten Festkonzerts stets Eingang ins Programm der IMF, wenn es ein Jubiläum zu feiern galt. Mit Motorschiff-Extrakursen ab Schweizerhof- und Bahnhofquai wurden die Besucherinnen und Besucher zum Konzert gebracht. Während des Konzerts war es den Kursschiffen verboten, Signal zu geben oder wegen des Wellenschlags zu schnell zu fahren. Der private Schiffsverkehr war grundsätzlich untersagt. Die Besucherinnen und Besucher mussten ihre Plätze 15 Minuten vor Konzertbeginn einnehmen, um die Konzentration des Maestro nicht zu stören. Prominenz und Eleganz versammelten sich am Festkonzert auf Tribschen. Der deutsche Violinist und Komponist Adolf Busch fungierte als Konzertmeister. Links zu sehen ist Friedelind Wagner. Sie gehörte zum engeren Freundeskreis Toscaninis und emigrierte später mit ihm aus politischen Gründen nach Amerika. Zum Concert de Gala, das auch ein Gedenkkonzert für Richard Wagner war, kamen verschiedene Vertreter der Familie Wagner. Hier: Friedelind Wagner (links) begrüsst ihre Verwandten.