Von Urs Dossenbach
Der Bahnhof Luzern ist der sechstgrösste Bahnhof der Schweiz. Gegen 100’000 Menschen steigen werktags in Luzern ein, aus oder um. Die Infrastruktur hat die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht. Ein Ausbau des Fahrplans ist nicht mehr möglich. Verantwortlich dafür sind insbesondere vier Engpässe. Sämtliche Züge mit Ausnahme der Zentralbahn müssen sich durch die zweispurige Bahnhofzufahrt zwischen Gütsch und der Innenstadt zwängen. Der eingleisige Engpass am Rotsee hemmt den Ausbau der Linie Luzern–Zug–Zürich. Im Gleisfeld im Vorbahnhof verursachen die Weichen Kreuzungskonflikte. Und in der Bahnhofshalle sind die Anzahl der Perrons wie auch deren Länge begrenzt.
Machbarkeit nachgewiesen
Seit Jahrzehnten wird deshalb über einen Ausbau des Bahnhofs Luzern oder einen neuen Bahnhof diskutiert. 2019 hat das eidgenössische Parlament einen Kredit von 85 Mio. Franken für die Projektierung des Durchgangsbahnhofs beschlossen. Jetzt hat die SBB das Vorprojekt abgeschlossen, das sie im Auftrag des Bundesamtes für Verkehr erarbeitet hat. Es zeigt: Der Durchgangsbahnhof ist baulich machbar. Er besteht aus drei Teilprojekten:
- Der Tiefbahnhof
Im Bereich der bestehenden Gleise 8 bis 13 und unterhalb des heutigen Ladengeschosses ist ein unterirdischer Tiefbahnhof mit vier Gleisen und zwei 420 Meter langen Mittelperrons geplant.
- Der Dreilindentunnel
Die unterirdische, zweispurige Verbindung vom Tiefbahnhof nach Ebikon hat eine Gesamtlänge von 3,8 Kilometern und wird das Seebecken auf einer Länge von rund 400 Metern unterqueren.
- Der Neustadttunnel
Der 2,1 Kilometer lange, zweispurige Neustadttunnel verbindet den Tiefbahnhof im Bereich Heimbach mit den bestehenden Gleisen. Der Tiefbahnhof und die unterirdischen Zufahrten schaffen neue Möglichkeiten für direkte Verbindungen im Regional- und Fernverkehr. Das Wenden der Züge im Kopfbahnhof Luzern wird überflüssig. Dies ermöglicht einen Ausbau der regionalen, nationalen und internationalen Zugverbindungen. Für die Realisierung rechnet die SBB mit 11 bis 13 Jahren Bauzeit.
3,3 Milliarden Franken
Die Kosten des Durchgangsbahnhofs werden auf 3,3 Mia. Franken geschätzt. Darin nicht enthalten sind die Kosten für Ausbauten auf den Zufahrstrecken, die nötig sind, damit der Durchgangsbahnhof den vollen Nutzen entfalten kann. Dies sind unter anderem die Abstellanlagen in Dierikon oder die Ausbauten bei Regionalbahnhöfen. So müssen zum Beispiel die Perrons beim Bahnhof Ebikon um 50 auf 320 Meter verlängert werden, damit künftig auch die Regioexpresszüge dort halten können.
Realisierung noch nicht gesichert
Das Bau- und Auflageprojekt (in der Grafik blau dargestellt) ist bereits finanziert. Mit der Botschaft 2026 wird das Bundesparlament darüber entscheiden, ob der Durchgangsbahnhof ab Anfang der 2030er-Jahre realisiert werden kann (grün). Der Durchgangsbahnhof Luzern steht allerdings in Konkurrenz zu fünf weiteren Grossprojekten in der Schweiz. Da vermutlich nicht alle Projekte gleichzeitig im vollen Umfang finanziert und realisiert werden können, prüft die SBB im Auftrag des Bundesamtes für Verkehr mögliche Realisierungsabfolgen. Die Ergebnisse sollen bis Ende 2023 vorliegen. Der Kanton Luzern setzt sich zusammen mit allen anderen Zentralschweizer Kantonen, mit der Standortgemeinde Luzern und den weiteren Partnerinnen und Partnern dafür ein, dass der Durchgangsbahnhof als Ganzes realisiert wird.