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Zum 125-Jahr-Jubiläum des Gotthardbahn-Zubringers Luzern–Immensee

Sind Sie schon einmal mit der S3 von Luzern über Meggen und Küssnacht Richtung Brunnen gefahren? Dabei haben Sie sicher den malerischen Ausblick genossen, aber kaum die bahntechnischen Anlagen bestaunt. Wussten Sie was für einen Einfluss diese Bahnlinie auf die Stadtentwicklung hatte?

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Gesicht der Stadt Luzern rasant. Ein Teil der Befestigung wurde geschleift und die Stadt ans Eisenbahnnetz angebunden. 1859 erhielt sie ihren ersten Bahnhof am linken Seeufer. Bahnhofanlage und Zufahrt bildeten jedoch einen neuen eisernen Gürtel, der Bebauung und Verkehr behinderte.

Der Anschluss an die Gotthardlinie über Küssnacht nach Immensee bot für Luzern die Chance einer Neuorganisation des Bahnareals mit einem Durchgangsbahnhof statt des umständlichen Kopfbahnhofs. Zur Diskussion standen ein neuer Bahnhof Halde sowie abenteuerliche Eisenbahn-Seebrücken.

Als die Gotthardbahn in finanzielle Schieflage geriet, reduzierten die Subventionsstaaten Deutschland und Italien das Bauprogramm auf die alpenquerende Hauptlinie. Die Luzerner Zubringerlinie und der neue Bahnhof wurden zurückgestellt, die hiesigen Reisenden mussten via Rotkreuz in den Süden fahren. Der Verdruss in Luzern war so gross, dass gar die nötige Nachsubventionierung auf der Kippe stand.

Schliesslich blieb der Kopfbahnhof bestehen, dafür drehte man die Gleisanlagen nach Südwesten ab und gab so Raum frei für die bauliche Ausdehnung im Gebiet der heutigen Neustadt. Zur Entflechtung der Verkehrsströme wurden Bahneinschnitte, Strassenüberführungen, Eisenbahnbrücken, Dämme und Tunnels gebaut, die bis heute das Stadtbild prägen. Das monumentale Bahnhofgebäude konnte 1896 und der Gotthardbahn-Zubringer Luzern–Immensee 1897 endlich eröffnet werden – 15 Jahre nach der Einweihung der Gotthardbahn. Die Elektrifizierung der Strecke von Luzern bis Chiasso wurde vor 100 Jahren, im Mai 1922, fertig gestellt. 

Heute erfolgt die Anbindung an die Nord-Süd-Achse wie früher über Rotkreuz statt auf der eingleisigen Strecke via Immensee. Am Gotthard wurde der alte Scheiteltunnel inzwischen vom Basistunnel abgelöst. Nur der Kopfbahnhof mit seiner Zufahrt blieb als Flaschenhals bis heute bestehen. Mit dem geplanten Durchgangsbahnhof steht nun der nächste grosse Wurf an.

Die neben der Reussbrücke einzige befahrbare Brücke verband die Altstadt mit dem ausserhalb der Stadt platzierten Bahnhof und war zu grossen Teilen von der Nordostbahn finanziert worden. Die Gleisanlagen verliefen entlang der Bürgen- und der Pilatusstrasse (heute alles Pilatusstrasse). Die ehemaligen Anlagen sind mit dem Knick der Strasse noch heute im Stadtplan sichtbar. Die Dampflokomotiven verkehrten direkt vor dem 1890 erbauten Hotel Victoria. Das Hotel wurde bereits 1923/24 zu einem Geschäftshaus umgebaut. Rollbarrieren trennten und behinderten gleichzeitig den Verkehr auf Strasse und Schiene. Luzern beherbergte den Sitz der Gotthardbahngesellschaft (GB), blieb aber selber 15 Jahre ohne direkten Anschluss an die Gotthardlinie. Die Gotthardbahndirektion war seit 1871 in Luzern zuhause, ab 1889 in diesem Gebäude. Später war es Sitz der Kreisdirektion 2 der SBB. Heute beherbergt es die sozialrechtlichen Abteilungen des Bundesgerichts. Die 1892 bestehenden Eisenbahnlinien sind rot eingetragen, neu markiert wurden die Stationen Rotkreuz (R) und Immensee (I). Der von der Gotthardbahn (GB) präferierte Durchgangsbahnhof hätte die Linien von Basel, Bern und Zürich mit der Linie nach Küssnacht–Immensee verbunden. Im Brüel war eine grosse Reparaturwerkstatt vorgesehen. Die Zufahrtslinien wären in dieser Variante belassen worden, der Durchgangsbahnhof wäre an den Schweizerhofquai zu liegen gekommen. Laut Verfechter dieser Variante wäre die Strecke von Basel nach Immensee über diese 1 km lange Seebrücke immerhin 4 km kürzer gewesen als mit dem Bahnhof Halde. Der Kopfbahnhof blieb den Luzernern am selben Standort erhalten, die Gleisanlage wurde aber vom Stadtzentrum weggedreht und führte nicht mehr durch die Pilatusstrasse. Der hölzerne Bau mit Laubsägeli-Ornamenten wurde Balken für Balken auseinandergenommen. Bevor der zweite Bahnhof realisiert werden konnte, mussten im ehemaligen Sumpfgebiet aufwändig tragfähige Fundamente erstellt werden. (1) Langensandbrücke, (2) Neustadtbrücke, (3) Brücken über Obergrund- und Taubenhausstrasse, (4) Schönheimtunnel, (5) Gütschtunnel, (6) Eisenbahnbrücke Baselstrasse, (7) Eisenbahnbrücke Geissmatt, Stadttunnel: (8) Portal Bramberg, (9) Zwischenangriff Zürichstrasse, (10) Portal Brunnhalde. Die Eisenfachwerkkonstruktion wurde 1895 von Bell in Kriens gefertigt. Nach der Betonbrücke von 1938 verbindet seit 2009 die dritte Brücke an dieser Stelle die Neustadt mit dem Tribschenquartier. Das Gebäude rechts stand noch (fast) im Niemandsland. Es musste gegen Absturz in den Einschnitt gesichert werden, steht aber heute noch (Neustadtstrasse 22). Nach dem Schönheim- und dem Gütschtunnel wurde das Trassee bei der Senti höher gelegt für die Überquerung von Strasse und Tramschienen. Dieses Verkehrshindernis bei der Talstation der Gütschbahn konnte 1896/97 beseitigt werden. Die Überwerfung Baselstrasse in den 1950er Jahren. Hinter den Geleisen rechts die Liftfabrik Schindler, darüber das alte Kantonsspital. Diese Brücke dient nicht der Entflechtung des Verkehrs, sondern ganz klassisch zur Überwindung eines Gewässers. Im Hintergrund die Museggmauer. Bis heute kann diese Stelle (Spielplatz Steinenstrasse) nicht überbaut werden – der Eisenbahntunnel verläuft wenige Meter darunter. Mit dem Aushub verbreiterte man den Schweizerhofquai. Der 2107 m lange Stadttunnel führt in weitem Bogen unter Bramberg–Zürichstrasse–Dreilinden hindurch. Er ist auch heute noch bloss einspurig. Die Geleise bildeten vor 1897 einen eisernen Gürtel südlich der Kleinstadt. Innerhalb von nur 15 Jahren hatte sich die Stadt bereits enorm ausgedehnt. Die Entwicklung ging weiter, wenn auch nicht mehr ganz so rasant. Heute ist die Frage des Durchgangsbahnhofs wieder aktuell.