150 Jahre Gletschergarten Luzern im Spiegel seiner Bilder
Was 1872 beim Bau eines Weinkellers mit der zufälligen Entdeckung von «Strudellöchern» begann, entwickelte sich seit der Eröffnung des Gletschergartens am 1. Mai 1873 permanent weiter zu einem vielfältigen Erlebnisort, der für jede und jeden etwas bereithält.
Statt in den Weinhandel stieg Josef Wilhelm Amrein-Troller (1842–1881) mit seiner Familie ins Tourismusgeschäft ein und nahm mit dieser Kehrtwende vorweg, was den Gletschergarten in den erfolgreichen Episoden seiner Geschichte auszeichnete: die Offenheit für Neues und eine gute Nase für den Zeitgeist. Die ausgegrabenen Gletschertöpfe wurden in einer Gartenschau präsentiert, welche die Topografie der Umgebung mit den Felsen des ehemaligen Steinbruchs und dem Wasser des Wesemlinbachs einbezog. Mit dem widersprüchlichen Namen, der Kombination von Garten und Gletscher, gelang der Familie ein veritabler Marketing-Coup. Dass die imposanten Löcher im Felsen allein aber nicht genug Anziehungskraft besassen, war bereits dem Gründer klar. Er setzte mit dem «Relief der Urschweiz» und den Fundgegenständen aus Pfahlbau-Siedlungen auf weitere Standbeine. Die Themen Geografie und Urzeit haben bis heute Bestand.
Nach seinem frühen Tod führte die Familie, insbesondere seine geschäftstüchtige Frau und die Töchter, das Unternehmen weiter. Konkurrierende Vorstellungen zwischen den Familienmitgliedern führten zu einer reizvollen Vielfalt des Angebots. Setzte der Sohn Wilhelm mehr auf (Natur-)Wissenschaft und Seriosität, waren die Frauen auf Ausgleich bedacht und ergänzten es mit unterhaltenden Elementen.
Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Persönlichkeiten prägten die weitere Entwicklung. Mithilfe des Topografen, Ingenieurs und Künstlers Xaver Imfeld versuchte man, die Berge in die Stadt zu holen und so das Gebirgserlebnis allen zu ermöglichen: Seine Nachbildung einer SAC-Hütte gibt den Blick frei auf ein Diorama des Gornergletschers. Sie kam über einer künstlichen Gletschermühle zu stehen, welche das Phänomen realitätsnah demonstriert. Das originelle Diorama integrierte das Stadtarchiv bereits 2021 in seine Auswahl historischer Hintergrundbilder für Online-Sitzungen (Stadt Luzern - Schaufenster).
Beim Bemühen, die Erdgeschichte und frühe Menschheitsgeschichte zu veranschaulichen, wurde die Familie im 20. Jahrhundert vom Luzerner Maler Ernst Hodel jun. unterstützt, der mit seinem Vater 1901 in unmittelbarer Nachbarschaft das Alpineum geschaffen hatte.
Der Gletschergarten ist heute vieles: Kultureinrichtung, Tourismusmagnet, Bildungsinstitution, Natur- und Fremdenverkehrs-Denkmal. Nicht zuletzt ist es aber eine Luzerner Institution. Das Stadtarchiv gratuliert dem – nach dem Kunstmuseum – zweitältesten Museum im Kanton recht herzlich zu seinem 150. Geburtstag!
Das historische Archiv des Gletschergartens wird seit 2017 im Stadtarchiv aufbewahrt. Die Plakatsammlung soll den Bestand ergänzen. Anhand der öffentlichen Darstellungen (Plakate, Ansichtskarten und Dias) wird in dieser Bildergalerie die farbige Geschichte des Gletschergartens nachgezeichnet.
Wer mehr über den Gletschergarten lesen möchte, dem sei das Buch «Urwelten und Irrwege» von Andreas Bürgi (Chronos, 2018) empfohlen.