Wer nach Luzern kommt, kommt nicht um sie herum, um die stolzen, mitunter historischen Erben der Stadt: den Wagenbachbrunnen vor dem KKL, den Krienbrügglibrunnen in der Kleinstadt oder den Weinmarkt- und den Fritschibrunnen in der Altstadt. Es sind sowohl Zeugen der spannenden Geschichte der Stadt als auch beliebte Touristenattraktionen. Über 200 Brunnen gibt es auf Stadtboden: 140 gelten als öffentlich, die restlichen sind in Privatbesitz oder haben privaten Charakter. Doch der Zahn der Zeit hat an den Brunnen genagt. Viele der grossen Stadtbrunnen, die vorab in der Altstadt und Kleinstadt stehen, wiesen teils massive Schäden auf. Deshalb hat die Stadt Ende 2016 beschlossen, zwölf grosse und diverse Kleinbrunnen sanieren zu lassen. Nun ist es so weit: Im November werden die Arbeiten abgeschlossen. Die Kosten belaufen sich auf rund 1,8 Mio. Franken.
Orte der Begegnung
Früher hatten die Brunnen eine ganz andere Bedeutung für die Bevölkerung der Stadt. Sie prägten während Jahrhunderten das gesellschaftliche Leben. Frauen fanden sich mehrmals am Tag mit Krug und Eimer bei den Brunnen ein, um frisches Trinkwasser abzufüllen. Das war existenziell. Zwar war mit dem See und der Reuss eigentlich viel Wasser vorhanden. Dessen Qualität war jedoch oft so schlecht, sodass es nicht trinkbar war. Heute dient das historische Quellwassernetz nicht nur der Belieferung von immer noch 130 angeschlossenen Brunnen mit hochwertigem Trinkwasser – sondern auch der Notwasserversorgung. Denn dieses Netz funktioniert ohne Strom. Dank des Höhenunterschieds fliesst das Wasser von den Quellen vom Pilatus und dem Tal der Kleinen Emme im freien Gefälle in die Stadt. Rund elf Milliarden Liter Wasser fliessen noch heute jedes Jahr durch dieses Netz. Darüber hinaus waren die Brunnen früher Orte der Begegnung und des Austausches. Denn ein Schwatz gehörte neben dem Füllen der Kessel zum Alltagsritual und diente dem sozialen Zusammenhalt.
Dominierende Figurenbrunnen
Der Brunnenbestand der Stadt Luzern umfasst sehr unterschiedliche stattliche Brunnen und Brunnentypen. Die Plätze der Luzerner Altstadt und Kleinstadt werden von den grossen Figurenbrunnen geprägt. Dies sind meist imposante Brunnentröge mit einer plastisch ausgestalteten Steinsäule direkt in der Mitte oder seitlich des Troges stehend. Typischerweise sind die Brunnenbecken aus Granit und die aufsteigenden Säulen und die Brunnenplastiken aus Sandstein. Die Brunnen ab dem 19. Jahrhundert weisen auch Figurenschmuck aus Bronze auf, zu sehen etwa am Gänsemännchenbrunnen auf dem Hirschenplatz.
Spannende Broschüre geplant
Die bald beendete Sanierung der Brunnen ist Anlass, sie in den Fokus zu rücken. Denn jedes dieser zwölf aus Stein gehauenen Denkmäler hat sowohl eine spannende Geschichte zu erzählen als auch oft sehr interessante optische Details zu bieten. Wer schon länger nicht mehr genauer hingeschaut hat, wird überrascht sein. Zum Beispiel was Künstler aus den bronzenen Röhren, aus denen das Wasser sprudelt, alles machen können. Zu Fabelwesen sind etwa die Ausspeier am Weinmarktbrunnen geworden, ein Motiv, das sich durch die ganze Geschichte der Brunnen zieht. Tiere sind auch beliebte Motive, wie zum Beispiel die bronzenen Löwenköpfe am Fischmarktbrunnen zeigen. Aber auch so manche obenauf thronende Brunnenfigur hat ihre besondere Geschichte. Oder ist es Zufall, dass der Löwe aus Sandstein auf dem Löwenbrunnen seine Zunge respektlos Richtung Jesuitenkirche streckt? Um die aufwendige Sanierung in ihrer Vielfalt zu dokumentieren und auf den Wert der Brunnen hinzuweisen, entsteht nun bis Frühling 2022 eine umfangreiche Broschüre.
Neu sind Brunnenwarte im Einsatz
Um die Brunnen künftig gut in Schuss zu halten, wurden zwei Mitarbeiter des Strasseninspektorats zu Brunnenwarten ausgebildet. Sie sorgen zum einen für den normalen Unterhalt der Brunnen. Zum anderen sind sie aber auch sensibilisiert auf Schäden und Vandalismus. Auf diese Weise können kleinere Schäden rasch behoben und grössere Reparaturen mit der Denkmalpflege zeitnah umgesetzt werden. Damit erhalten die Denkmäler das ganze Jahr hindurch jenen Stellenwert, der ihnen gebührt. Für diesen Unterhalt und Betrieb rechnet die Stadt mit Kosten von jährlich 150’000 Franken.
Webseiten bieten Hintergrundinformationen
Vor einiger Zeit hat die Non-Profit-Organisation Wasser für Wasser zusammen mit der Stadt die Website www.lucernewater.ch realisiert. Damit soll der Konsum von Leitungswasser aus Brunnen gefördert werden. Auch die Stadt selber arbeitet nun an einer Webseite zu den Brunnen. Dort werden viele wissenswerte Hintergründe zu erfahren sein. Diese Webseite wird Ende Jahr aufgeschaltet. (NM/LW)
Sanierungskonzept
Als 2015 und 2016 das Sanierungskonzept für die grossen Stadtbrunnen erarbeitet wurde, nahmen Fachleute die Objekte unter die Lupe. Laut deren Expertisen litten viele der Brunnen unter Setzungen, Treppenanlagen und Brunnenstöcke senkten sich, Brunnenbecken sowie Zu- und Ableitungen waren undicht und viele metallene Elemente wie Ausspeier, Kronenbänder oder Kesseleisen waren lose und rosteten. Auch waren einige der dekorativen Brunnensäulen mit den Figuren instabil geworden oder gar teilweise zerfallen.
Enge Koordination
Aufgrund der Komplexität der Brunnenanlagen waren in die Sanierung mehrere Akteure involviert. Allen voran die Projektleiter des Tiefbauamtes. Sie leiteten die Arbeiten und koordinierten die Zusammenarbeit. Beteiligt waren auch Fachleute von ewl (Energie Wasser Luzern) sowie das städtische Team Denkmalpflege, welches in beratender Funktion die Restaurierung der städtebaulich und denkmalpflegerisch wichtigen Brunnenanlagen betreute.
Teuerste Sanierungen
Zu den anspruchsvollsten Sanierungen gehörten jene des 2017 sanierten imposanten Wagenbachbrunnens vor dem KKL (Kosten: rund 220’000 Franken) und des 2018 sanierten Krienbrügglibrunnens in der Kleinstadt (Kosten: rund 130’000 Franken).