Bild oben: Baustelle im Zentrum der Stadt: Der Bahnhofplatz wird während mehrerer Jahre für die Bauarbeiten beansprucht.
Von Urs Dossenbach
Das Vorprojekt zeigt, dass der Durchgangsbahnhof baulich machbar ist. Noch müssen aber viele Hürden genommen werden. «Das Vorprojekt ist rund ein Viertel der gesamten Planung», sagt Massimo Guglielmetti, SBB-Gesamtprojektleiter Durchgangsbahnhof Luzern. «Die Grundsätze haben wir erarbeitet. Die Details werden aber erst im Bau- und Auflageprojekt geklärt.» Bereits klar ist, dass der Tiefbahnhof im Bereich der bestehenden Gleise 8 bis 13 unterhalb des heutigen Ladengeschosses im zweiten Untergeschoss realisiert wird. Es wird vier Gleise und zwei 420 Meter lange Mittelperrons geben. Um genügend Platz für die Passagierströme zu schaffen, wird die Perronhalle insgesamt 44 Meter breit. Auf der Höhe des heutigen Ladengeschosses wird im ersten Untergeschoss eine Verteilebene gebaut, auf der die Reisenden zu den Abgängen und zu den Perrons gelangen.
Auch der Torbogen muss weichen
Eine grosse Herausforderung ist gemäss Massimo Guglielmetti, dass der Bahnhof auch während der 11- bis 13-jährigen Bauzeit in Betrieb bleibt und funktionieren muss. Eine weitere ist die Baustellenlogistik. «Der Hauptinstallationsplatz wird sich auf dem Gleisfeld der SBB im Bahnhof befinden. Doch auch der Bahnhofplatz wird während mehrerer Jahre für die Bauarbeiten beansprucht», sagt der Gesamtprojektleiter. Der Torbogen des alten Bahnhofs auf dem Bahnhofplatz muss weichen. Er wird in seine Einzelteile zerlegt und zwischengelagert. Ob er wieder am selben Ort aufgestellt wird, soll im Rahmen eines städtischen Gestaltungswettbewerbs für den neuen Bahnhofplatz geklärt werden. Auch für den Busverkehr braucht es Alternativlösungen. Wie diese aussehen, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch offen. Das muss in der nächsten Projektphase unter der Federführung des Verkehrsverbundes Luzern geklärt werden. Auswirkungen haben die Bauarbeiten zudem für den Schiffsverkehr. Einzelne Landungsbrücken müssen verlegt werden. Für das Restaurant-Schiff Wilhelm Tell muss für die Zeit, während der gebaut wird, ein anderer Standort gefunden werden.
Schweizer Premiere
Die unterirdische, zweispurige Verbindung vom Tiefbahnhof nach Ebikon ist 3,8 Kilometer lang und wird das Seebecken auf einer Länge von rund 400 Metern unterqueren. Ursprünglich war geplant, das Seebecken Abschnitt für Abschnitt trockenzulegen. Stattdessen sieht das Projekt nun den Bau im Absenkverfahren vor. Dieses wird zum ersten Mal in der Schweiz angewendet. Dabei werden fünf vorgefertigte Tunnelelemente in die unter Wasser ausgehobene Baugrube abgesenkt. Die SBB haben einen Film gemacht, der das Verfahren erklärt.
«Diese Methode ist schonender für die Umwelt und auch bezüglich der Auswirkungen auf das Stadtbild», sagt Massimo Guglielmetti. Und sie verkürzt die Bauzeit. Innerhalb von rund fünf Jahren soll der Tunnel unter dem Seebecken gebaut sein. Die Fortsetzung Richtung Ebikon wird unter anderem mit einer Tunnelbohrmaschine realisiert. Die Installationsfläche für diesen Tunnel ist beim Rotsee. Dort wird die 90 Meter lange und 2000 Tonnen schwere Tunnelbohrmaschine während etwa sechs Monaten montiert. Die grosse Herausforderung in Ebikon sei der Abtransport des Aushubmaterials, sagt Massimo Guglielmetti.
Einvernehmliche Lösungen
Sorgen bereitet dies auch den Anwohnenden. Knapp 150 Ebikonerinnen und Ebikoner nahmen an der Infoveranstaltung Anfang Juni 2023 teil. Der Gesamtprojektleiter konnte zusammen mit Daniel Gasser, Gemeindepräsident von Ebikon, aufzeigen, dass die Baustellenzufahrten möglichst quartierverträglich geplant wurden. Massimo Guglielmetti sagte, dass Lastwagenfahrten unumgänglich seien, die SBB aber bestrebt sei, so viel wie möglich mit der Bahn zu transportieren. Das Vorprojekt zeigt zudem, dass der Reiterhof und zwei weitere Gebäude für den Bau des Portals abgerissen werden müssen. «Wir haben noch keinen Ersatz, werden aber gemeinsam mit der Gemeinde Ebikon und der Stadt Luzern einvernehmliche Lösungen suchen», sagt Massimo Guglielmetti.
Ein drittes Gleis am Gütsch?
Mit dem 2,1 Kilometer langen, zweispurigen Neustadttunnel wird der Tiefbahnhof im Bereich Heimbach an die bestehenden Gleise angeschlossen. «Eine der Herausforderungen für den Bau dieses Teilstücks ist der schwierige Baugrund», sagt Massimo Guglielmetti. Der Neustadttunnel ist im Vorprojekt im Vergleich zu vorgängigen Studien um 200 Meter verlängert worden, weil ein zuvor unbekannter Grundwasserstrom unterquert werden muss. Noch unklar ist, wie im Gebiet Heimbach der Anschluss des Durchgangsbahnhofs an das bestehende Netz aussieht. Grund ist, dass das Bundesamt für Verkehr die SBB beauftragt hat, eine zusätzliche Studie zu machen. Denn es ist absehbar, dass der zweigleisige Engpass Gütsch trotz des Durchgangsbahnhofs zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu einem Problem werden könnte. Deshalb wird nach ergänzenden Lösungen gesucht. Dies könnte ein drittes Gleis beim Gütsch in einem zweiten Gütschtunnel sein. Die Ergebnisse dieser Studien werden auf Ende 2023 erwartet. Erst dann können die weiteren Planungen wiederaufgenommen werden und kann abgeschätzt werden, wie sich die Bauarbeiten auf das Quartier auswirken. «Das Gebiet Heimbach steht unter Ortsbildschutz. Dies müssen wir in den Planungen berücksichtigen, die wir zusammen mit der Stadt durchführen», sagt Massimo Guglielmetti.