Das Gericht stellt mit Urteil vom 5. Oktober 2022 fest, dass der Regierungsrat verpflichtet gewesen wäre, auf die Beschwerde gegen die Finanzausgleichsverfügung vom 3. Juni 2019 einzutreten. Im Beschwerdezeitpunkt waren vor Bundesgericht zwei Verfahren hängig, sodass noch unklar war, ob die AFR18 überhaupt per 1. Januar 2020 in Kraft treten würde. Angesichts dieser Ausgangslage habe von den Gemeinden nicht verlangt werden können, zu diesem Zeitpunkt ihre Beschwerde detaillierter auszuarbeiten.
Der Regierungsrat hatte die Verfahren vorerst sistiert, dann nach Vorliegen der Bundesgerichtsentscheide zur Ergänzung der Beschwerde aufgefordert, um schliesslich auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das Kantonsgericht hielt nun fest, dass dies widersprüchliches Verhalten, eine Verletzung des verfahrensrechtlichen Gebots der Prozessführung nach Treu und Glauben sowie eine Gehörsverletzung darstelle. Es sei Pflicht des Regierungsrats als Vorinstanz gewesen, den Gemeinden nach den Urteilen des Bundesgerichts Gelegenheit zu geben, ihre Beschwerden zu ergänzen. Demzufolge hätte er die Rügen der Gemeinden materiell prüfen müssen.
Falsches Recht angewendet
Eine der Rügen der Stadt Luzern war, dass das Finanzdepartement ein Gesetz angewendet hatte, das zu jenem Zeitpunkt noch nicht in Kraft war. Das Gericht hatte bereits mit Urteil vom 1. Dezember 2021 im Fall Altishofen festgestellt, dass diese Rüge berechtigt war. Trotzdem habe der Kanton an seinem Antrag auf Abweisung festgehalten. Das veranlasste das Gericht zu besonders deutlichen Worten zu greifen: Wenn eine Instanz die Erwägungen eines gerichtlichen Rückweisungsentscheides nicht beachte, «verfällt sie in Willkür, verletzt ihre Verfahrenspflichten und begeht dadurch eine materielle Rechtsverweigerung». Das Gericht verzichtete vorliegend auf eine Rückweisung an den Regierungsrat und hiess die Beschwerden der Stadt Luzern, der Gemeinden Dierikon, Eich, Meggen und Schenkon gut. Zudem wies es das Finanzdepartement des Kantons Luzern zur Neufestsetzung der Finanzausgleichsbeträge 2020 an. Die Stadt Luzern geht davon aus, dass sie mit einer nachträglichen Zahlung des Kantons im Umfang von mehreren Millionen Franken rechnen darf.
Politisch unerwünschte Folgen sind vor Gericht irrelevant
Der Regierungsrat ging vorliegend von einem Fall grosser Tragweite aus, weil eine Neuverfügung des Finanzausgleichs nach altem Recht eine finanzielle Belastung des Kantons mit sich bringen würde. Das Kantonsgericht hält fest, dass ein Gericht allein nach Verfassung und Gesetz zu urteilen hat. Selbst wenn ein Urteil für den Kanton politisch unerwünschte Folgen haben sollte, habe dies vor Gericht unbeachtlich zu bleiben. Allfällige politisch unerwünschte Folgen seien von Gesetzgeber und Exekutiven zu korrigieren.
Finanzausgleich 2020 nach altem und neuem Recht gerechtfertigt
Im Ergebnis führt das Urteil dazu, dass für die prozessführenden Gemeinden der Finanzausgleich 2020 nach altem Recht zu berechnen ist und für die übrigen Gemeinden nach AFR18 bestehen bleibt. Diese unterschiedliche Behandlung ist laut Gericht gerechtfertigt. Die prozessführenden Gemeinden haben es nicht bei dem politischen Engagement bewenden lassen. Sie haben herausgearbeitet, inwiefern die AFR18 das Recht verletzt, und aufgezeigt, dass in der Botschaft wie auch im Mantelerlass AFR18 Rechtsfehler enthalten sind.
Bundesgericht hat bereits früher Fehler der AFR18 festgestellt
Bereits in einem früheren Verfahren hat das Bundesgericht festgestellt, dass der Kanton mit der AFR18 die Gemeindeautonomie verletzt hat. So war der Kanton nicht berechtigt, mit dem Steuerfussabtausch die Steuerfüsse der Gemeinden festzusetzen. Indes konnte einzig die Gemeinde Vitznau von diesem Bundesgerichtsurteil profitieren. Bei allen anderen Gemeinden war das Budget bereits festgesetzt, sodass eine nachträgliche Korrektur nicht mehr angezeigt war.
Beurteilung Globalbilanz 3 hängig vor Bundesgericht
Vor Bundesgericht ist ein weiteres Verfahren der Stadt Luzern hängig. Hauptkritikpunkt ist die Globalbilanz 3. Stellt die Globalbilanz 3 die finanziellen Auswirkungen der AFR18 korrekt dar? Das Kantonsgericht hat diese Frage nicht beantwortet. Derzeit ist deshalb vor Bundesgericht ein Verfahren hängig, worin die Frage gestellt wird, ob das Kantonsgericht zu Recht die Beantwortung dieser Frage offengelassen hat.
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AFR18 Beschwerde gutgeheissen Medienmitteilung 03.11.2022 (PDF, 213.71 kB) | Download | 0 | AFR18 Beschwerde gutgeheissen Medienmitteilung 03.11.2022 |
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