Bild oben: Das Inseli in einem Ausschnitt aus dem Stadtplan von Augustin Schmid und Johann Jakob Scheuermann von 1821/1837 (Stadtarchiv Luzern, E2a/7) .
Von Manuel Huber
Das Inseli hat sein Gesicht in den letzten rund 250 Jahren stark verändert. Was die Jahrhunderte überdauert hat, ist der Name: Inseli. Denn das war es seit je. Eine kleine längliche Insel im sumpfigen Riedland. Spätestens seit dem 18. Jahrhundert stand auf der Insel ein Haus. Die Liegenschaft wechselte zwischen verschiedenen Patrizierfamilien mehrmals die Hand und diente offenbar als Landsitz für die Sommermonate. Im Laufe der Jahre wurde die Insel zu einem Park umgestaltet. Durch Aufschüttung konnte zusätzliches Land gewonnen werden.
Heute öffentliche Halbinsel
Die Veränderungen auf dem Inseli beschäftigten die Stimmberechtigten der Stadt Luzern bereits vor 100 Jahren. 1924 sagte eine Mehrheit an der Urne Ja zum Kauf des Inseli durch die Stadt. So wurde das Inseli nicht zum Spekulationsobjekt der privaten Eigentümerschaft, sondern zu einer öffentlich zugänglichen Parkanlage. Wenige Jahre danach wurden Pläne zur Auffüllung des Inseli-Kanals für die Schaffung eines Parkplatzes an der Urne verworfen. 1954 wurde der Kanal dennoch aufgeschüttet und ein Carparkplatz realisiert. Die Insel wurde zur Halbinsel mit vielfältiger Nutzung. Der neu gewonnene Platz wurde 1934 auch zur neuen Heimat der Määs. Diese fand zuvor auf dem Kasernenplatz, dann auf dem zugeschütteten Hirschengraben und auf der Hirzenmatt statt.
Älter als gedacht
Der Umzug der Schaubudenmääs aufs Inseli wurde damals als «Verschandelung» bezeichnet und sorgte für Empörung. Seit 1955 bauen die Marktfahrenden ihre Geschäfte auf dem neuen Carparkplatz auf, 1967 kam auch die Warenmääs aufs Inseli.
Ihren Ursprung haben die Markttätigkeiten in grauer Vorzeit: Das älteste schriftliche Dokument, in dem die «mes» ausdrücklich erwähnt ist, stammt aus dem Jahr 1374. Deshalb wird in diesem Jahr das 650-Jahr-Jubiläum der Määs gefeiert.
Zwei prägende Initiativen
Die Zukunft des Inseli wurde in den letzten Jahren intensiv diskutiert und führte zu politischen Vorstössen, die für das aktuelle und zukünftige Inseli prägend sind. 2017 haben die Stimmberechtigten die Initiative «Lebendiges Inseli statt Blechlawine» angenommen. Sie verlangt eine Verlegung der Carparkplätze zugunsten einer Erweiterung der dortigen Grünfläche. Bei der Umsetzung der Initiative zeigte sich aber, dass die Erweiterung der Grünfläche mit den besonderen Ansprüchen der Määs nicht kombinierbar ist, wie im Vorfeld der Abstimmung angenommen. In der Folge reichte ein Initiativkomitee im Mai 2022 die Initiative «Die Määs muss auf dem Inseli bleiben!» ein, die im November 2023 von den Stimmberechtigten gutgeheissen wurde. Nun gilt es, die Forderungen der beiden Volksbegehren unter einen Hut zu bringen. Bis Frühling nächsten Jahres sollen Vorschläge zur Neugestaltung vorliegen.
In der Zwischenzeit wird der ehemalige Carparkplatz zwischengenutzt. Das «universum.» mit Buvette, Kinderbaustelle, Tischtennis-Tischen, Pétanque-Bahn und teils grossen Veranstaltungen wie ein Food Festival erfreute sich grosser Beliebtheit bei den Besuchenden.
Interview mit Baudirektorin Korintha Bärtsch
Baudirektorin Korintha Bärtsch, welche Bedeutung hat das Inseli für die Stadt Luzern
Das Inseli ist einer der beliebtesten Orte in der Stadt Luzern. Die Bevölkerung und die Gäste schätzen die Stimmung am See, die einladende Wiese und die niederschwelligen Gastroangebote. Das Inseli ist für die Besucherin des KKL Luzern ein genauso beliebter Treffpunkt wie für Gäste auf der Durchreise, Familien oder Jugendliche. Dieses durchmischte Publikum zeigt, dass das Inseli ein Ort für alle Generationen ist.
Was heisst das für die Neugestaltung?
Bei der Neugestaltung haben wir die Chance, diese heutigen Qualitäten auf eine grössere Fläche auszuweiten und den Ort weiterzuentwickeln. Es muss uns gelingen, dass der vordere Teil mit Seeanstoss mit dem hinteren Teil in Richtung Bahnhof zu einem stimmigen Ganzen wird. Dabei gilt es, unterschiedliche Ansprüche von Betroffenen unter einen Hut zu bringen. Einige suchen auf dem Inseli Ruhe und Erholung, andere schätzen Veranstaltungen wie die Määs, und schliesslich braucht auch die Natur ihren Platz.
Was erhofft sich der Stadtrat vom Prozess?
Eigentlich ist es ganz einfach: Wir müssen es schaffen, dass das Inseli einer der beliebtesten Freiräume in der Stadt Luzern bleibt. Dazu gilt es, die richtige Balance zwischen Alt und Neu und den verschiedenen Ansprüchen zu finden. Ich freue mich, dass nun ein Prozess gestartet wird mit ganz unterschiedlich zusammengesetzten Teams. Mit diesem frischen Blick und kreativen Ideen können wir am Schluss aus einer ganzen Bandbreite von Ideen auswählen und ein stimmiges Konzept vorstellen.
Dank Messen und Märkten wurde Luzern zu einer Stadt
Die Määs feiert in diesem Jahr ihr 650-jähriges Bestehen. Markttreiben gab es aber bereits vor 1374. Die historische Forschung kommt heute zum Schluss, dass die Entwicklung von Luzern zum Handelsplatz bereits im 8. Jahrhundert einsetzte.
Von Florian Fischer
Seit dem Mittelalter gehörten Märkte zusammen mit Stadtmauern und dem Privileg, eigenes Recht zu erlassen, zu den Merkmalen einer Stadt. Sie sicherten die Versorgung des Ortes. Auch für die Stadt Luzern war der Markt ein wesentliches Element der Stadtwerdung.
Schon bevor die Stadt entstand, dürfte auf dem Gebiet der heutigen Altstadt Handel getrieben worden sein. Nach der Ansiedlung des Klosters im Hof im 8. Jahrhundert entstand an der Reuss ein kleines Fischerdorf, das nach und nach wuchs. Spätestens mit dem Bau der ersten Brücke über den Fluss im 12. Jahrhundert gewann der Ort auch als Umschlagplatz für Waren und Dienste immer mehr an Bedeutung. Ab 1200 wurde Luzern zu einem florierenden Marktplatz, wo mit Getreide, Brot, Fleisch, Milch, Butter und Fisch, aber auch Salz, Wolle und Leder gehandelt wurde. Dank der verkehrsgünstigen Lage an den Wasserwegen des Vierwaldstättersees und der Reuss wurde der Luzerner Markt zu einem Scharnier zwischen Mittelland und Voralpen. Der zunehmende Verkehr über den Gotthard machte Luzern im 14. Jahrhundert zudem zu einer Drehscheibe im Warenverkehr zwischen Süd- und Nordeuropa.
Drei Formen des Marktwesens
Mit der Zeit bildeten sich drei unterschiedliche Formen des Marktes heraus, die von der Obrigkeit mit Reglementen und Ordnungen klar reguliert wurden: Der tägliche Markt diente zur Versorgung der Menschen. Einheimische Bäcker, Metzger und Fischer boten leicht verderbliche Nahrungsmittel an. Immer dienstags fand der Wochenmarkt statt, bei dem andere Artikel des täglichen Gebrauchs eingekauft werden konnten: Gemüse, Früchte, Getreide, Butter, Käse, Salz und so weiter. Die Produzierenden und auch die Kaufwilligen kamen aus der ganzen Region.
Der Jahrmarkt oder die Messe fand ursprünglich – wie der Name sagt – nur einmal jährlich statt und wurde vor allem von reisenden Händlern bedient. Handwerksbetriebe und Gewerbetreibende von nah und fern konnten sich mit Material wie Stoff, Leder- oder Metallwaren eindecken. Der Jahrmarkt fiel mit der Kirchweih bzw. der Chilbi – dem Patroziniumsfest St. Leodegar am 2. Oktober – zusammen. Nach und nach entwickelten sich weitere Messen unter dem Jahr. Später kamen neben dem Handel auch Schaubuden, Musik und Gaukler hinzu.
Von der «mes» zur Määs
Für das Buch «Märkte und Messen in Luzern» von Heiri Hüsler recherchierte der Historiker Konrad Wanner nach den ältesten Belegen für die Luzerner Messe. Er fand im Luzerner Bürgerbuch im Staatsarchiv Luzern einen Eintrag für die «mes», die 1374 in der «Schaal» (Markthalle) auf dem heutigen Weinmarkt stattgefunden habe. Zwar gibt es noch ältere schriftliche Zeugnisse für das Luzerner Markt- und Messewesen, vor 650 Jahren ist aber erstmals das Wort «mes» (Messe) verzeichnet worden.
Bis zur Määs, wie wir sie heute kennen, war es dann noch ein langer Weg, denn sowohl Ort als auch Form der mittelalterlichen Messe waren ganz anders. Ab dem 16. Jahrhundert wurden verschiedene Märkte ausserhalb der Stadtmauern angesiedelt. Auch der Jahrmarkt fand bis ins 19. Jahrhundert auf dem Kurzweilplatz beim heutigen Kasernenplatz statt.
Erst 1967, nach diversen anderen Standorten, fanden die Waren- wie auch Schaubudenmääs ihren gemeinsamen Platz auf dem Inseli und wurden nur noch im Herbst veranstaltet.
Mit unterschiedlichen Vorgaben zum Ziel
Wie soll das Inseli künftig aussehen und genutzt werden? Sechs Teams gehen diesen Fragen nach – und zwar mit neuen Methoden, erklärt Lukas Arni, Co-Projektleiter Neugestaltung Inseli.
Interview: Manuel Huber
Was läuft im Moment?
Aktuell läuft der Studienauftrag. Das ist ein Verfahren, in dem mit einer öffentlichen Ausschreibung mehrere Planungsbüros einen Auftrag der öffentlichen Hand bearbeiten. Damit soll eine hohe Qualität der Lösung sichergestellt werden. Der Studienauftrag ermöglicht einen Dialog zwischen der Jury und den Planungsteams. Externe Anspruchsgruppen werden ebenfalls einbezogen. Aus den verschiedenen Lösungsvarianten wird schliesslich ein Projekt gemeinsam entwickelt. Das Interesse am Prozess war gross und fand international Beachtung. Es gab 15 Eingaben, davon wurden sechs Teams für den Studienauftrag ausgewählt. Diese sechs interdisziplinären Teams entwickeln seit Juli Ideen und Vorschläge für die Neugestaltung des Inseli.
Welche Zielvorgaben haben diese Teams?
Eine Vorgabe ist, dass die Määs weiterhin auf dem Inseli stattfinden kann. Das führt zu engen gestalterischen Rahmenbedingungen für den ehemaligen Reisebusparkplatz, denn der Boden muss auch künftig grosse Lasten aushalten, und die Zufahrt muss gewährleistet sein. Eine weitere Vorgabe ist, das Inseli ökologisch aufzuwerten. Das betrifft vor allem den Bestand an grossen Bäumen und den Uferbereich, der aufgrund einer naturnahen und biodiversitätsfördernden Gestaltung ökologisch sehr wertvoll sein kann. Wir wollen also einerseits mehr Grün in diesen Raum bringen, andererseits braucht es einen relativ grossen und harten Platz für Veranstaltungen. Zudem wollen wir Ruheräume schaffen, Gastroangebote ermöglichen, einen Spielplatz realisieren und vieles mehr. Die Planungsteams sind gefordert, eine Balance zwischen teils gegenläufigen Vorgaben zu finden.
Sie sprechen von interdisziplinären Teams. Wie setzen sie sich zusammen?
In den Teams sind Fachleute aus den Bereichen Landschaftsarchitektur, Soziologie, Ökologie und Wasserbau vertreten. Wir wollen, dass alle Aspekte und Anforderungen an die Neugestaltung und künftige Nutzung des Inseli in den Projekten abgebildet werden. In dieser Art Verfahren arbeiten Fachleute eines Bereichs oft in mehreren Teams mit. Wir gehen hier einen neuen Weg und haben vorgegeben, dass zusätzlich zur Landschaftsarchitektur auch die Fachperson der Soziologie nur in einem Team mitwirken darf. Damit erhält sie eine zentralere Rolle.
Weshalb ist die Soziologie so zentral?
Es ist sehr schwierig, den ehemaligen Parkplatz so zu gestalten, damit er ausserhalb der grossen Veranstaltungen nutzbar und belebt ist. Der sozialräumliche Betrieb auf dem Platz ist daher unglaublich wichtig. Also die Frage, wie der Platz künftig bespielt und genutzt wird. Das Spektrum ist diesbezüglich sehr gross. Es gibt bereits viele Ideen, und die Planungsteams werden sicher weitere spannende Ansätze liefern.
Wer beurteilt die Eingaben?
Eine Jury mit Fachleuten aus allen Bereichen sowie eine Sachjury mit Vertretungen der Stadt Luzern, unter anderem mit Stadträtin Korintha Bärtsch und Stadtrat Marco Baumann. Speziell ist, dass in der Fachjury ein Brand Experience Manager mitarbeiten wird. Es handelt sich um eine Fachperson, die Kundenerlebnisse gestaltet oder Tourismusregionen berät und neue Impulse geben kann. In den Entscheidungsprozess eingebunden sind zudem unter anderen Fachpersonen aus den Bereichen Mobilität oder Quartierarbeit, aber auch von Quartiervereinen oder der Määs.
Planungsteams und Beurteilungsgremium treffen sich je zu einer Zwischen- und einer Schlussbesprechung. Weshalb?
Das ist der grosse Unterschied zum anonymen Projektwettbewerb. So erfahren wir in der Mitte der Erarbeitungsphase, wo die Teams stehen und können die Projekte bei Bedarf in die eine oder andere Richtung lenken. Damit können aufgrund der Haltung der Jury gute Lösungen gestützt und, wo falsche Richtungen eingeschlagen werden, korrigiert werden.
Künftige Meilensteine
Im Mai 2024 wurde der Studienauftrag gestartet. Frühestens 2028 kann das neu gestaltete Inseli eröffnet werden.
2025
Im April präsentieren die Planungsteams ihr jeweiliges Projekt dem Beurteilungsgremium. Das Gremium wählt anschliessend das beste Projekt aus. Alle eingegangenen Projekte werden in einer Ausstellung öffentlich präsentiert. Das beste Projekt wird in einem Vorprojekt weiter konkretisiert.
2026/2027
Das Bauprojekt wird ausgearbeitet. In dieser Phase werden die Kosten optimiert und Termine definiert sowie die Realisierung mit allen Beteiligten konkret geplant. Anschliessend folgt das Bewilligungsverfahren mit Auflageprojekt.
2027/2028
Nach Abschluss des Bau- und Auflageprojekts wird dem Parlament voraussichtlich Ende 2027 ein Bericht und Antrag zum Bauprojekt vorgelegt. Darin ist auch der Ressourcenbedarf für die Realisierung ersichtlich.
2028
Die Neugestaltung des Inseli erfolgt frühestens 2028.
Historische Bilder
Das Stadtarchiv hat zum Inseli und zur Määs je eine Bildergalerie zusammengestellt. Sie sind einsehbar unter: www.bildergalerien-stadtarchiv.stadtluzern.ch
Geschichte der Määs
Das Buch «Märkte und Messen in Luzern» von Heiri Hüsler erschien 2019 in der Reihe «Luzern im Wandel der Zeiten». Es ist im Buchhandel oder beim Stadtarchiv Luzern erhältlich.