Eine Bildergalerie des Stadtarchivs zur baulichen Entwicklung des Theaters und seiner Umgebung
Die Theatergeschichte in Luzern reicht weit zurück, die frühesten schriftlichen Zeugnisse beschreiben die Osterspiele im Jahr 1453. Nebst solchen grossen Freilichtaufführungen wurde in verschiedenen Gebäuden in kleinerem Kreis Theater gespielt, etwa im Marianischen Saal oder später oberhalb der Sakristei der Jesuitenkirche. Diese behelfsmässigen Räumlichkeiten vermochten das aufstrebende Bildungsbürgertum Anfang des 19. Jahrhunderts immer weniger zu befriedigen. Land auf, Land ab wurden um diese Zeit herum Theatergesellschaften gegründet. Der Anstoss zu den neuen Theaterbauten kam somit aus der Bevölkerung: Die Städter planten und bauten sich als emanzipatorischen Akt ihr eigenes, von der Kirche unabhängiges weltliches Theater.
In Luzern schwang in den Diskussionen um den Standort des ersten richtigen Theaterbaus zuerst der Kurzweilplatz (heute Kasernenplatz) und der angrenzende untere Hirschengraben oben aus. Insgesamt drei Projekte wurden hier initiiert, die teilweise sehr weit gediehen. Die Kritik am unfeinen Standort, in Nachbarschaft zu Viehmarkt, Schützenhaus, Militärmagazin und Zeughaus, machte den Projekten den Garaus.
Der neue Platz sollte des repräsentativen Gebäudes würdig und für alle Quartiere gut erreichbar mitten im Herzen der Stadt gelegen sein. Schliesslich wurde der heutige Sitz am neu zu bauenden Quai bestimmt, selbstbewusst in einer Reihe stehend mit Freienhof und Jesuitenkirche. Der Architekt, der Luzerner Louis Pfyffer von Wyher (1783–1845), legte ein weiteres Projekt vor. Als Erbauer des Aktientheaters in Zürich (1833/34) hatte er bereits Erfahrung mit Theaterbauten. Auftraggeberin war hier wie dort nicht die Stadt, sondern eine Theater-Aktiengesellschaft. Dabei spielte in Luzern die Gesellschaft zu Safran eine wichtige Rolle: Von der Regierung gedrängt, das Zunftvermögen gemeinnütziger einzusetzen, verkaufte die Krämer- und Handwerkervereinigung ihr altes Zunfthaus, steckte den Erlös ins Theater und wurde damit Hauptaktionärin der 1835 gegründeten Gesellschaft. Das Wirtschaftsrecht wurde auf das Theaterlokal übertragen, die Gesellschaft genoss im Theater-Café Stubenrecht bis 1900.
Vom 1839 fertiggestellten, ursprünglich biedermeierlichen Gebäude gibt es kaum Darstellungen und bis auf eine Ausnahme keine Pläne mehr. Sie wurden vermutlich beim Brand von 1924 zerstört. Die auffällige klassizistische Schaufassade gegen die Reuss gemahnte wohl nicht zufällig an einen antiken Theatertempel mitsamt seiner politisch-demokratischen Bedeutung. Im Parterre, erschlossen durch den ursprünglich zur Reuss hin geplanten Haupteingang, bestand von Anfang an ein Gastlokal. Theater- und Restaurantbesuch gehörten selbstverständlich zusammen, das Theater bildete den gesellschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt der Stadt.
Die klamme Aktiengesellschaft veräusserte das Gebäude bereits 1846 an die Stadt, die es ihrerseits an Schauspieltruppen verpachtete und später kostenlos vergab – eine erste Art der Subvention. Stadt und Theater entwickelten sich, das Gebäude wurde zu klein und konnte den gestiegenen Ansprüchen nicht mehr genügen. In den folgenden Jahrzehnten wurde am Theater immer wieder etwas angebaut oder aufgesetzt.
Der Brand von 1924 entfachte eine Kontroverse über Wiederaufbau oder aber Abbruch «aus verkehrstechnischen und finanziellen Gründen». Der Stadtrat meinte dazu, «dass wir mit der Instandstellung des Theaters ein Bauwerk erhalten, das der Stadt zur Zierde gereicht und umso mehr geschätzt werden sollte, als ältere Bauwerke im Stile des Stadttheaters in Luzern leider nur spärlich vertreten sind». Und der Kunsthistoriker Adolf Reinle sprach von der «stillen Vornehmheit des alten Theaters», das sich angenehm von den prunkvollen neobarocken Theatern anderer Städte unterscheide. Schliesslich fiel der Entscheid deutlich zugunsten des alten Theaters, wobei die Chance genutzt und das Gebäude um ein zusätzliches Geschoss aufgestockt wurde. Damit war die Platznot aber nur gelindert und nicht dauerhaft behoben. Immer wieder wurden auch radikale bauliche Lösungen mit Neubau in Betracht gezogen, insbesondere in den 1960er Jahren. In dieser Zeit erhielt die Stadt ein Legat, das ihr eine Gesamtrenovation und einen weiteren Anbau des Theaters sowie den Bau eines Werkstattgebäudes in Tribschen ermöglichte. Abgesehen von einer Umgestaltung im Innern und einer weiteren kleinen Aufstockung auf der Südseite in den 1990er Jahren präsentiert sich das Theater seit 1970 in seiner jetzigen Form.
Das Theater steht in einem urbanen Kontext mit mannigfaltigen Bezügen zur Nachbarschaft. Eine Würdigung und Einordnung der Theaterbaute hat daher auch seine Situierung im Stadtbild einzubeziehen mit der Reuss (einschliesslich Quai und Brücken), der Jesuitenkirche, dem abgerissene Freienhof, der Buobenmatt und der Theaterstrasse als unmittelbarem Umfeld.
So gut wie alles hat sich an diesem für die Stadt zentralen Ort in den letzten zweihundert Jahren verändert. Angestossen hat die Entwicklung genau genommen der Bau des Theaters selber. Immer wieder haben sich an diesem Ort auch Diskussionen über das Stadtbild entzündet. Dabei gibt es gewisse Konstanten in der städtebaulichen Betrachtung, einige der heutigen Diskurse hat man bereits früher geführt. Wie ist mit den Blickachsen und den weiteren räumlichen Bezügen umzugehen? Was gehört zum Gesamtbild? Ist die Lücke neben der Jesuitenkirche eine Leerstelle oder ein Freiraum? Nach dem Brand 1924 hat man erkannt, dass das Theater in dieser Reihe und dieser Gesamtheit wichtig ist und man es aus städtebaulichen Überlegungen nicht einfach entfernen kann. Wie aber löst man die gegenwärtigen Ansprüche ein, wie lässt sich der Platzmangel beheben? Es ist heute an uns, aus den vergangenen baulichen Entwicklungen die Schlüsse zu ziehen für heute und die Zukunft.
Diese Bildergalerie basiert auf einer Präsentation in der Veranstaltungsreihe «Dialog Neues Luzerner Theater» vom 30. Oktober 2023 in der Box des Luzerner Theaters. Sie wurde neu geordnet und um weitere Bilder ergänzt.