Bild oben: Katja Dürst, Leiterin Umweltschutz
Von Luca Wolf
Katja Dürst, seit Anfang September 2022 führen Sie die Dienstabteilung Umweltschutz. Wie leisten Sie Ihren Beitrag zum Klimaschutz?
Persönlich geht es mir nicht nur um den Klimaschutz, sondern darum, meinen ökologischen Fussabdruck oder Ressourcenverbrauch gering zu halten. 2013 habe ich mit mir vereinbart, nur noch alle fünf Jahre eine Flugreise zu machen. Nun bin ich seit zehn Jahren nicht mehr geflogen und entdecke die Schweiz und das nahe Europa hauptsächlich zu Fuss. Unsere Wohnräume heizen wir im Winter nicht über 21 Grad. Da hilft es, dass ich gestrickte Pullover und Socken mag. Vor zwölf Jahren habe ich eine Zehnquadratmeter-Beteiligung an einer Photovoltaikanlage gekauft, um meinen Stromverbrauch mit Solarenergie decken zu können. Ich habe kein Auto, konsumiere saisonale Lebensmittel und versuche, den Konsum von tierischen Produkten wie Käse und Eiern zu reduzieren. Optimierungsbedarf habe ich beim Kaffee und bei der Schokolade: Die gibt es nicht regional (lacht).
Kurz nach Ihrem Start hat die Stadtluzerner Stimmbevölkerung am 25. September 2022 die ambitionierte Klima- und Energiestrategie klar angenommen. Ein toller Einstieg, oder?
Das deutliche Ja der Bevölkerung hat mich sehr gefreut. Mir war bewusst, dass ich mit der Dienstabteilung Umweltschutz ein kompetentes Team übernehmen würde, dem Natur- und Umweltschutz auch persönlich ein Anliegen ist. Wie sehr dieses Anliegen von der Luzerner Bevölkerung getragen wird, wurde mir erst nach der Abstimmung so richtig klar. Die grosse Zustimmung zu einer der ambitioniertesten Klima- und Energiestrategien der Schweiz gibt uns starken Rückenwind bei der Umsetzung. Ich bin überzeugt: Der Luzerner Mut wird nun weitere Gemeinden und auch Kantone zum entschiedenen Handeln in Sachen Klima motivieren.
Jetzt muss die Stadt Luzern aber durchstarten: Bis 2030 müssen 32 konkrete Massnahmen umgesetzt werden. Bis 2040 soll der CO₂-Ausstoss auf null gesenkt werden, bis 2045 darf kein Atomstrom mehr bezogen werden, und bis 2050 soll im Vergleich zu heute 18-mal mehr Solarstrom produziert werden.
Ja, wir arbeiten alle mit Hochdruck und motiviert an der Umsetzung. Neben dem Umweltschutz gehören auch weitere städtische Bereiche oder Dienstabteilungen wie die Mobilität (für Verkehr, Parkplätze usw.), die Immobilien (für Umstellung städtische Gebäude und Fuhrpark auf erneuerbare Energien) und die Stadtplanung (für Standortsuche See-Energie-Zentralen) dazu. Die Verwaltung allein hat aber keine Chance, die Ziele zu erreichen. Es braucht dazu die Wirtschaft, die Politik, die ganze Gesellschaft. Nur wenn wir alle gemeinsam am gleichen Strick ziehen, schaffen wir diesen Kraftakt.
Die Abstimmung liegt nun gut ein Jahr zurück – wie weit ist die Stadt mit der Umsetzung der Klima- und Energiestrategie?
Ein erster Meilenstein ist im Juni 2023 erfolgt. Damals konnten wir der Öffentlichkeit die neue interaktive Website www.klimafreundlichheizen.ch vorstellen. Diese hilft Liegenschaftsbesitzenden beim Umstieg von Öl- und Gasheizungen auf solche mit erneuerbaren Energien. Betreffend Zielerreichung fasst ein Bericht den Stand von Ende 2022 zusammen. Demnach sind wir beim Ausstieg aus der Atomenergie auf Kurs. Bei anderen Zielen, wie der Produktion von Solarstrom oder der Reduktion des CO₂-Ausstosses auf null, benötigt es noch massive Anstrengungen.
Parallel dazu haben wir unsere Organisation, den Umweltschutz, überdacht und neu strukturiert. Das war wichtig, da wir personell in kürzester Zeit praktisch um einen Drittel wachsen durften. Die Aufgaben, Zuständigkeiten und Abläufe müssen an die neue Situation angepasst werden. Zudem war und ist die Personalrekrutierung sehr zeitintensiv. Und sind die neuen Mitarbeitenden endlich da, braucht es noch eine gewisse Einarbeitungszeit. Wir nehmen langsam, doch stetig an Fahrt auf.
Sie haben es angetönt: Mit dem Volks-Ja zur Klima- und Energiestrategie wurden zusätzliche personelle Mittel gesprochen, die für die Umsetzung nötig sind. Wie ist da der Stand?
Diverse Stellen konnten wir bereits besetzen, zwei Ausschreibungen stehen noch an. Unter anderem haben wir Fachleute eingestellt für die Bereiche Gebäudehülle und Wärme. Im Bereich Gebäudehülle geht es darum, den Heizenergieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren, insbesondere durch Wärmedämmung. Im Bereich Wärme geht es um den raschen Aufbau von Wärmenetzen insbesondere zur Nutzung von Seewasser für Heizzwecke.
Da die Kommunikation ein zentrales Element ist, haben wir einen neuen Bereich Öffentlichkeitsarbeit geschaffen. Dieser soll Synergien mit den Tätigkeiten und Aufgaben des öko-forums nutzen. Hier konnten wir mit Cyrill Studer Korevaar bereits die Leitung sowie eine Projektleitungsstelle besetzen. Zudem wurde innerhalb der städtischen Kommunikation eine Stelle für die Koordination der gesamtstädtischen Berichterstattung zur Klima- und Energiestrategie geschaffen. Diese arbeitet eng mit unserem Bereich Öffentlichkeitsarbeit zusammen.
Viele Massnahmen wie etwa die Abkehr von Öl und Gasheizungen, die Solardachpflicht oder der Ausbau der See-Energie liegen in den Händen von Menschen, die Liegenschaften besitzen. Was können alle anderen, also Mieterinnen und Mieter, tun?
Für den Klimaschutz können alle etwas tun. Dazu ein persönliches Beispiel: Ich habe zweimal in meinem Leben meinen CO₂-Fussabdruck rechnen lassen: Das erste Mal als Studentin mit eingeschränkten finanziellen Mitteln und später als Fachspezialistin in der Finanzbranche mit einem sehr guten Einkommen. Bei der zweiten Auswertung hatte ich nach einem ersten Schreck ein wichtiges Aha-Erlebnis: Erst seit ich über gute finanzielle Mittel verfüge, muss ich mich anstrengen, meinen CO₂-Fussabdruck in einem vernünftigen Rahmen zu halten. Früher haben die eingeschränkten finanziellen Mittel den Konsum begrenzt. Heute muss ich mich bewusst gegen die schnellen und jederzeit verfügbaren Verlockungen, sei es beim Reisen, bei der Elektronik, der Bekleidung usw., entscheiden.
Auf unserer Webseite www.wir-leben-klimaschutz.ch findet die Bevölkerung viele praktische Tipps und Hintergründe für ein klimafreundliches Verhalten. Ein Beispiel: Wenn alle Stadtluzernerinnen und Stadtluzerner während des ganzen Winters ihre Wohnung nur um 1 Grad weniger heizen, können ungefähr 4 Mio. Kilogramm CO₂ eingespart werden, was etwa 10’000 Fässern Erdöl oder 80 Tanklastwagen entspricht.
Der erste umfassende Zwischenbericht zur Klima- und Energiestrategie ist auf 2026 geplant. Wird die Stadt bis dann auf Kurs sein?
Ich bin zuversichtlich. Alle involvierten städtischen Dienstabteilungen haben nach einem Jahr schon einiges aufgegleist und werden bis 2026 noch einiges mehr aufgleisen und umsetzen. Wichtig sind nun aber auch wirkungsvolle Massnahmen auf Kantons- und Bundesebene. Vom Bund erwartet die Stadt Luzern eine unter anderem vom Energieverbrauch und von den Treibhausgasemissionen abhängige Bepreisung der Mobilität. Damit werden die Umweltschäden von den Verursachenden und nicht von der Allgemeinheit getragen.
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Dank Förderprogramm Heizungen optimieren
Heizungen gehören zu den grössten Energiefressern und verursachen damit auch erhebliche Energiekosten. Das Förderprogramm «effizient heizen» der Stadt Luzern setzt hier an. Dabei handelt es sich um ein Beratungsangebot für Eigentümerinnen und Eigentümer von grösseren Liegenschaften. Ziel ist es, die bestehenden Heizungsanlagen so zu optimieren, dass sie weniger Energie verbrauchen. Zusammen mit dem Hauswartpersonal analysiert eine Fachperson die Heizungen und erarbeitet Optimierungsvorschläge. Im Schnitt lassen sich 8 bis 10 Prozent des Energieverbrauchs und der Energiekosten einsparen.
Sparen und Klima schonen
Vom Förderprogramm hat auch die Pensionskasse der Stadt Luzern (PKSL) Gebrauch gemacht. Sie hat die Heizungen in ihren mit Gas beheizten Gebäuden an der Obergrundstrasse 46 bis 50 analysieren lassen. Matias Müller ist Leiter Immobilien der PKSL. Er sagt: «Indem wir etwa die Drehzahl der Umwälzpumpen und die Vorlauftemperatur unserer Heizung angepasst haben, konnten wir in den ersten drei Jahren jeweils etwa 50’000 kWh Strom und Gas einsparen.» Bei den aktuellen Energiepreisen entspricht dies über 5000 Franken pro Jahr. Davon profitiert auch die Umwelt: Die Heizungen stossen pro Jahr etwa 8 Tonnen CO₂ weniger aus. «2024 planen wir, den Betrieb von weiteren Heizungen zu optimieren», sagt Matias Müller.
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www.effizientheizen.stadtluzern.ch