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Am 18. August 1993 brach kurz nach Mitternacht auf der Kapellbrücke ein Feuer aus, dem rund zwei Drittel des Brückenoberbaus sowie die meisten Tafeln des Bilderzyklus' zum Opfer fielen. Die Brandkatastrophe löste weltweit emotionale Reaktionen aus, da mit der Brücke das Wahrzeichen der Stadt betroffen war. Innerhalb von nur acht Monaten wurde die Brücke wieder in Stand gestellt.

Gemäss baugeschichtlichen Untersuchungen ist die Brücke um 1365 entstanden. Sie erfüllte eine doppelte Funktion als Bestandteil des Verteidigungsringes um die Stadt wie auch als Fussgängerverbindung der Grossstadt mit der weiter flussabwärts beginnenden Kleinstadt. Auf Letzteres ist ihr diagonaler Verlauf zurückzuführen. Das ursprünglich 285 m lange Bauwerk ist heute nur noch gut 200 m lang: Die beiden Brückenköpfe wurden nach der Erstellung der Quais an den Reussufern im 19. Jahrhundert zurückversetzt. Mehrmals wurde gar der Abbruch der ganzen Brücke erwogen, so als sich in den 1860er-Jahren Kaufleute für die Einmündung der neuen Seebrücke in den Kapellplatz stark machten, um die Kundschaft in die Altstadt zu lenken oder als die Urkantone als Seeanrainer eine Wasserstauung durch die Pfeiler der neuen Seebrücke (1869) befürchteten und ein Ansteigen des Seespiegels durch das Schleifen der alten Holzbrücke verhindern wollten. Seit 1913 steht die Brücke als kulturhistorisches Objekt von nationaler Bedeutung unter dem Schutz der Eidgenossenschaft.

Hinsichtlich ihrer Existenz und Bauweise ist die Luzerner Kapellbrücke eine der ältesten Holzbrücken in Europa – weniger jedoch in materieller Beziehung, da im Verlauf der Zeit nach und nach schadhafte Teile ersetzt wurden. Allein bis 1819 lassen sich mindestens zehn grössere Um- und Neubauten der Brücke nachweisen, sodass bereits vor dem Brand nur noch wenige Hölzer aus der Bauzeit stammten. Auch im 20. Jahrhundert (v.a.1938/39, 1953 und 1969) wurden grosse Abschnitte der Brücke ersetzt. Die Reparatur nach dem Brand ist so als «erneute Erneuerung» zu interpretieren; die Originalität der Brücke liegt in der Konstruktion und in ihrer zyklischen Wiederherstellung. Anders liegt die Sache bei den verbrannten Bildtafeln, die sich in ihrer originalen historischen Substanz nicht wieder herstellen lassen. Der Brand ist Teil der Geschichte der Kapellbrücke. Der Stadtrat entschied, dass diese Geschichte am Bauwerk ablesbar bleiben und die leeren Giebelfelder an den kulturhistorischen Verlust erinnern sollen.

Fotografien aller noch vor dem Brand existierenden Tafeln stehen ebenfalls in einer Fotogalerie des Stadtarchivs zur Ansicht bereit und lassen sich so wieder als intakte Bildergeschichte lesen.
Die Kapellbrücke reichte als Wehrgang vom Freienhof am linken bis zur Peterskappelle am rechten Ufer und funktionierte so als Klammer zwischen den anderen Teilen der Stadtbefestigung. Rechts im Bild: die nicht mehr existierende Hofbrücke. Heute ist der Platz neben der Jesuitenkirche leer, der Freienhof wurde 1948 abgerissen. Bei der Erstellung des Quais wurde die Verbindung mit dem Freienhof gelöst und der südliche Brückenkopf abgebrochen. Kapellbrücke und Peterskapelle wären bei der vorgeschlagenen Streckenführung der neuen Brücke abgebrochen worden. Die Brüstung des ehemaligen Wehrganges ist auf der Seeseite höher gezogen. Am gegenüberliegenden Reussufer: erhöhte Schiffsdurchfahrt. Früher war das einzige für Schiffe passierbare «Tor» in die Stadt durch ein Schutzgatter (Grendel) abgesperrt. Der erhöhte Teil lag nun, für Schiffe unpassierbar, über der Strasse und wurde anschliessend zurückgebaut. Nach Aufhebung der Schiffsdurchfahrt (1899) kam es zu Beschädigungen der Brücke durch Marktfahrer. 1904 wurde mit dem Einbau eines Hängewerks eine neue, breite Durchfahrt geschaffen. Gaslaterne: Die Umstellung auf elektrische (Strassen-) Beleuchtung erfolgte ab 1907. Rechts im Bild: der 1863 eröffnete Souvenirshop der Witwe Louise Schnarrwyler-Rickenbach. Hier befand sich ein Abgang zum Schiffsteg unter der Brücke. Alle paar Jahrzehnte müssen angefaulte Holzteile der Brücke ersetzt werden. Ersetzt: u.a. 6 Pfosten, 120 m Tträger, 150 m Handbalken, 200 m Brüstung. Einrammen eines neuen Pfahls. Ähnliches Bild wie das vorangegangene, aber 20 Jahre später: Sanierungsarbeiten wegen eingeknicktem Pfeiler und instabilen Jochen. Über drei Jochen musste die Brücke komplett abgetragen werden. Wiederverwendbare Teile wurden auf den neuen Unterbau montiert. Für die Erneuerung des Unterbaus musste der ganze Oberbau vom Wasserturm bis zum Rathausquai abgebrochen und grossenteils ersetzt werden. 166 m3 neues Eichen- und 96 m3 Tannenholz wurden verbaut. Mosaik: Kombination von alt und neu in der Binder-Konstruktion. Aufrichtebäumchen des Unternehmens Eggstein, das bereits die Erneuerungsarbeiten 1938/39 und 1953 durchgeführt hatte. Das Feuer war vermutlich auf einem der unter der Brücke vertäuten Boote ausgebrochen, die Brandursache wird aber bis heute kontrovers diskutiert. Souvenirshop: Das Feuer fand an den Souvenirs reichlich Nahrung. Brandbekämpfung, u.a. mit dem Ölwehr-Boot «Blitz». Das Feuer hat sich schon weit über die Brücke vorgefressen. Die Flammen im Bereich des Souvenirshops waren nur sehr schwer zu löschen. Auf der Bahnhofstrasse aufgestellte Drehleiter mit Wasserwerfer. Vom Oberbau der Brücke existierten beim Wasserturm bald nur noch glimmende Reste. Der Wasserturm mit seinem markanten Obergaden konnte gerettet werden. Verkohltes Gerippe am Morgen danach. 43 von 110 Gemälden konnten nach der Brandnacht geborgen werden, 12 davon jedoch komplett zerstört. Schadensbild, wie es sich aus der Luft präsentierte. Montage eines Sicherheitsnetzes. Unter dem verbrannten Oberbau kam der grösstenteils intakte Unterbau zum Vorschein. Nicht mehr brauchbare Elemente wurden entfernt. Im Dezember 1993 standen nur noch die wiederverwendbaren Teile des Unterbaus. Auf dem Ponton der Kran der bewährten Firma Eggstein. 	
Der Fachwerkträger von 1969 vor der Demontage, Dezember 1993.
Montage, Februar 1994. Die Pfeiler unter dem südlichen Brückenarm bestanden immer schon aus Stein. Zimmerleute legen Hand an. Anbringung neuer Dachlatten. Blick vom Wasserturm zur Jesuitenkirche. Einblattung einer Diagonalstrebe im Pfosten. An neuem Material wurde «nur» 150 m3 Tannen- und 11 m3 Eichenholz gebraucht (vgl. Bild 19). Schmutziger Donnerstag, 1994. Vom Berner Werkhof konnten 35'000 alte Biberschwanzziegel bezogen werden. Unterfütterung der nicht überlappend verlegten Ziegel mit Holzschindeln. Bleibt der natürliche Faserlauf erhalten, sind Schindeln dauerhafter. Daher werden sie auch heute noch von Hand gespalten. Mosaik: Eine Kombination von alt und neu, wie sie bereits bei früheren Erneuerungen entstanden war (vgl. Bild 20). Besuch von Fritschi mit Gefolge. Kajak vor der geschmückten Kapellbrücke. Später wurde der gerettete und restaurierte Teil der Brückenbilder wieder aufgehängt. Die Brücke ist für den Fussverkehr wieder frei gegeben.