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7. Februar 2012
Auf den 1. Januar 2013 tritt das neue eidgenössische Erwachsenenschutzrecht in Kraft. Es löst das alte Vormundschaftsrecht aus dem Jahr 1912 ab. Mit der Revision setzt der Bund auf höhere Eigenverantwortlichkeit und Professionalität in einem hochsensiblen Rechtsbereich. Aufgrund der neuen Gesetzgebung müssen die bisherigen Strukturen und die Verfahren den neuen Gegebenheiten und Erfordernissen angepasst werden. In Luzern löst eine neue unabhängige Fachbehörde – die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) – die Gemeinde- und Stadträte als Vormundschaftsbehörde ab. Durch die Umstellung ergeben sich für die Stadt Luzern jährliche Mehrkosten von rund zwei Millionen Franken. Designierte Präsidentin der neuen Behörde ist Pia Zeder.
Verantwortlich für den Vollzug des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts (KES) sind die Kantone. Im Dezember 2011 hat der Luzerner Kantonsrat das revidierte kantonale Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch (EGZGB) verabschiedet. Dieses weist die Aufgaben im Kindes- und Erwachsenenschutz weiterhin den Gemeinden zu und legt fest, dass sich die Gemeinden in Kindes- und Erwachsenenschutzkreise mit je einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde organisieren müssen. Die Stadt Luzern hat bezüglich Einwohnerinnen und Einwohnern die gewünschte Grösse, um die Vorgaben selbständig umsetzen zu können. Daneben laufen im Kanton Luzern zurzeit sechs weitere regionale Projekte.

Massgeschneiderte Beistandschaften
Inhaltlich betreffen die Neuerungen primär das Erwachsenenschutzrecht. Im Zentrum steht dabei die Ablösung des heutigen Massnahmensystems. Anstelle der bisherigen typisierten Beistandschaften, Beiratschaften und Vormundschaften sieht das neue Recht massgeschneiderte, dem Einzelfall angepasste Beistandschaften vor. Diese ermöglichen es, den Betroffenen die geeignete Unterstützung ohne unnötig grossen Eingriff in deren Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit zukommen zu lassen. Bis Ende 2015 müssen die bestehenden Erwachsenenschutzmassnahmen dem neuen Recht angepasst sein. Beim Kindesschutz bleibt das bisherige Massnahmensystem bestehen. Neben den neuen Massnahmen enthält das revidierte ZGB einige Bestimmungen zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit und zur Verbesserung des Rechtsschutzes. Dazu gehören das neu geschaffene Institut des Vorsorgeauftrags und der Patientenverfügung, aber auch das gesetzliche Vertretungsrecht für Urteilsunfähige oder Regeln zur medizinischen Behandlung ohne Zustimmung und über bewegungseinschränkende Massnahmen. Insgesamt werden die Aufgaben im Erwachsenenschutz wesentlich erweitert.

Pia Zeder soll Präsidentin der neuen Fachbehörde werden
Eine neue unabhängige Fachbehörde – die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) – löst auf den 1. Januar 2013 die Gemeinde- und Stadträte als Vormundschaftsbehörde ab. Beim Stadtrat liegt in Zukunft keine inhaltliche Verantwortung mehr. Mit der Neuorganisation wird die Behördentätigkeit verselbständigt, nicht aber die Fallführung. In der Abteilung Kinder Jugend Familie (KJF) wird weiterhin der grösste Teil der angeordneten Kindesschutzmassnahmen und in der Abteilung Soziale Dienste der Erwachsenenschutzmassnahmen geführt. Für das Präsidium der neuen Behörde sieht der Stadtrat Pia Zeder vor, welche nach neun Jahren als Leiterin der Amtsvormundschaft seit 2009 die Dienstabteilung Sekretariat der Vormundschaftsbehörde der Stadt Luzern führt und seit Sommer 2011 das Projekt KESB leitet.

Mehraufwand für die Gemeinden
Das Vormundschaftsrecht nimmt in unserem System der Sozialpolitik bzw. der sozialen Unterstützung eine zentrale Rolle ein: Aktuell bestehen in der Stadt Luzern 1700 vormundschaftliche Massnahmen. Auf den Start der KESB werden es rund 1800 Massnahmen sein. Das neue System der massgeschneiderten Massnahmen erfordert in jedem einzelnen Fall eine vorgängige fundierte Abklärung der Lebenssituation und die Ermittlung des konkreten Unterstützungsbedarfs durch ausgewiesene Fachleute. Diese anspruchsvollen Abklärungen sowie die zahlreichen neuen Aufgaben und die Übernahme von bisherigen kantonalen Aufgaben erhöhen den Personalbedarf. Kantonale und eidgenössische Empfehlungen rechnen für die neue Behörde und ihre Fachdienste mit einem Sollwert von 13 bis 16 Vollstellen pro 1000 laufende Massnahmen. Der Stadtrat von Luzern legt seinem Kreditantrag an den Grossen Stadtrat einen Wert von 13 Vollstellen pro 1000 laufende Massnahmen zu Grunde. Bei 1800 Massnahmen per 1. Januar 2013 ergeben sich daraus für die Stadt Luzern für den ordentlichen Betrieb 23.4 Vollstellen (2011: 13.8 Vollstellen), mit Einrechnung des Zusatzaufwands für die Anpassung der bisherigen Erwachsenenschutzmassnahmen 24.1 Vollstellen. Obwohl sich die Stadt Luzern bei der personellen Ausstattung der KESB am unteren Rand der kantonalen und eidgenössischen Empfehlungen orientiert, verdoppeln sich die jährlichen Kosten und steigen von 2.1 Mio. Franken im Jahre 2011 auf 4.1 Mio. Franken im Jahr 2013. Diese Steigerung beinhaltet allerdings nicht nur die mit dem neuen Recht verbundenen Mehrkosten, sondern deckt auch den erwarteten Anstieg der Fallzahlen ab. Die im Bericht abgebildeten Kosten liegen in der Finanzkompetenz des Grossen Stadtrates. Sie decken den Bedarf bis und mit 2015 ab. In einem Evaluationsbericht zu Beginn des Jahres 2015 soll über die ersten Erfahrungen der KESB berichtet und gestützt darauf über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB (Bericht und Antrag 3/2012)
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