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25. April 2023
Der Stadtrat empfiehlt dem Stadtparlament, die Initiative «Wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen» abzulehnen. Die im März 2022 eingereichte Initiative hat zum Ziel, die Auswirkungen des sogenannten Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) für Mensch und Staat zu testen. Der Stadtrat geht davon aus, dass mit dem verlangten Pilotversuch nur minimale Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Zudem würde ein BGE die Erwerbsarbeit abwerten. Der Stadtrat ist aber der Überzeugung, dass die Erwerbsarbeit weiterhin für die Lebensqualität und die soziale Sicherheit aller nötig ist.

Am 30. März 2022 hat ein Komitee die Initiative «Wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen» eingereicht. Konkret wird gefordert: «Im Rahmen des Pilotversuchs erhält eine Gruppe von in Luzern angemeldeten, mündigen Personen ein monatlich auszubezahlendes, gegenleistungsloses Grundeinkommen. Dieses wird unabhängig von Vermögen, Einkommen und Erwerbsstatus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer entrichtet.» Der ausbezahlte Betrag solle existenzsichernd sein. Er müsse sicherstellen, dass die minimalen materiellen Bedürfnisse befriedigt werden können. Zusätzlich solle das Grundeinkommen die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen Leben ermöglichen. Der Pilotversuch müsse mindestens drei Jahre lang dauern und wissenschaftlich begleitet werden. Vom Pilotversuch erhoffen sich die Initiantinnen und Initianten, Rückschlüsse zu erhalten, was mit Mensch, Gesellschaft und dem Sozialstaat passiert, wenn man ein Grundeinkommen einführt. Sie gehen davon aus, dass für die Teilnehmenden dank finanzieller Sicherheit und sozialer Teilhabe ein angstfreieres und erfüllteres Leben möglich ist – unabhängig von Erwerbsarbeit. Ähnliche Initiativen sind auch in anderen Kantonen lanciert worden.

Pilotversuch mit erheblichen Mängeln

Der Stadtrat steht dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) kritisch gegenüber. Der in der Initiative geforderte Pilotversuch eines BGE ist laut Stadtrat kein richtiger Pilotversuch. Vielmehr ist er eine Simulation unter Laborbedingungen. Denn die Strukturen der sozialen Sicherheit werden im Rahmen des Versuchs nicht verändert: Weder die Sozialversicherungen, die Sozialhilfe noch die Arbeitslosenversicherung wären vom Pilotversuch betroffen. Denn diese liegen gar nicht in der Zuständigkeit der Stadt.

Auch wird für die vorgesehene Finanzierung (via Eigenmittel der Stadt) nicht ins Steuersystem eingegriffen. Jedoch wäre auch dieser Aspekt relevant.

Am dreijährigen Versuch würden rund 300 Personen teilnehmen – analog dem Berner Pilotversuch. In diesem Rahmen würde eine Umsetzung rund 7 Mio. Franken kosten.

Der Stadtrat ist überzeugt: Wichtige Fragen könnten mit diesem Pilotversuch gar nicht beantwortet werden. Dazu gehören insbesondere: Wie würde sich das BGE auf die Gesellschaft auswirken? Welche Anpassungen im System der sozialen Sicherheit hätte das BGE zur Folge? Wie könnte das BGE längerfristig sozialverträglich finanziert werden?

Erwerbsarbeit als Grundlage für die soziale Sicherheit und Integration

Ein weiterer kritischer Punkt: Ein Bedingungsloses Grundeinkommen würde an alle ausbezahlt, egal ob jemand arbeitet oder nicht. Für den Stadtrat ist das heikel. Das bedingungslose Grundeinkommen wertet aus Sicht des Stadtrates die Bedeutung der Erwerbsarbeit ab. Diese trägt jedoch wesentlich dazu bei, die gesellschaftlich nötigen Strukturen, Dienstleistungen und Güter zu sichern. Die Erwerbsarbeit gewährleistet die soziale Sicherheit aller. Darüber hinaus ermöglicht die Erwerbsarbeit gesellschaftliche Integration und Lebensqualität. Wenn die bezahlte Arbeit abnimmt, sinkt das gesamte Volkseinkommen. Damit gerät das finanzielle Fundament ins Wanken, welches die Lebensqualität und soziale Sicherheit aller garantiert.

Stadtrat setzt eigenen Weg fort

Der Stadtrat will den eingeschlagenen Weg fortführen und seine Einwohnerinnen und Einwohner vor Existenznöten schützen. Dazu gehören Massnahmen wie beispielsweise die Stärkung der «Frühen Förderung». Die «Frühe Förderung» soll Kindern aus bildungsfernen Familien bessere Chancen auf Bildung ermöglichen – und somit später gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dank Betreuungsgutscheinen und qualitativ guten Betreuungseinrichtungen können mehr Eltern arbeiten. Im Sozialhilfebereich fördert das neue Konzept «Arbeit und Bildung» mit seiner konsequenten Bildungsorientierung die soziale Integration und die Integration in den Arbeitsmarkt.

Aus all diesen Überlegungen empfiehlt der Stadtrat die Initiative «Wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen» zur Ablehnung. Der Stadtrat verzichtet auf einen Gegenvorschlag. Die Initiative soll am 25. Mai 2023 im Stadtparlament (Grosser Stadtrat) behandelt werden. Die Volksabstimmung findet voraussichtlich am 26. November 2023 statt.

Link:
Bericht und Antrag 10/2023 «Wissenschaftlicher Pilotversuch Grundeinkommen»

Name
Initiative Pilotversuch Grundeinkommen Medienmitteilung 25.04.2023 (PDF, 218.81 kB) Download 0 Initiative Pilotversuch Grundeinkommen Medienmitteilung 25.04.2023
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